Sachverhalt:
a) In der Sitzung am 14.07.22 (ZerR/XI/04)
unter Top 11 wurde das Projekt „Pflegehof“ vorgestellt. Es handelt sich um eine
Wohneinrichtung für vorwiegend demenzkranke Menschen, die in einem
dorftypischen/ landwirtschaftlichen Umfeld eingebettet wird, um ein
selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu fördern. Ein externer
Pflegedienst wird von den Bewohnern eingestellt.
Im Bebauungsplan
„Göhrdestraße“ sind die Ansiedlungsflächen als Gewerbegebiet festgesetzt. Im
Gewerbegebiet ist eine solche Einrichtung, die bauplanungsrechtlich als
Einrichtung für soziale Zwecke beurteilt wird, nicht zulässig.
Um die Ansiedlung
des Pflegehofes zu ermöglichen, ist die Änderung des Bebauungsplanes
erforderlich.
Zur Ansiedlung des
„Pflegehofes“ und der dafür erforderlichen Änderung des Bebauungsplanes fand am
05.07.22 ein Gespräch zwischen Vertretern des Vorhabenträgers, des Landkreises,
der Gemeinde Zernien und der Samtgemeinde Elbtalaue statt.
Im Ergebnis wurde
festgehalten, dass eine Änderung der Gewerbegebiete in ein sonstiges
Sondergebiet erfolgen sollte. Dabei ist
insbesondere der Schutz der bisher angesiedelten Gewerbebetriebe sowie der
potentiellen neuen Gewerbestandorte sowie die Einflüsse der Biogasanlage zu
berücksichtigen. Überschlägig wird davon ausgegangen werden, dass der
Sicherheitsabstand zur Biogasanlage eingehalten wird. Gegebenenfalls sind
Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Außerdem erscheint eine Eingrünung des
Pflegehofes in Richtung der Biogasanlage und der bestehenden Gewerbebetriebe
sinnvoll.
Möglich wäre die Festsetzung eines sonstigen Sondergebietes
mit einem Schutzanspruch eines Mischgebietes. Die zwischen den beiden Gebieten
festgesetzte Straßenverkehrsfläche könnte entfallen, die Baugrenzen
zusammengeführt werden.
Folgende Festsetzung könnte zum sonstigen Sondergebiet erfolgen:
Das sonstige Sondergebiet „Pflegehof“ dient der
Errichtung einer Wohn- und Pflegeeinrichtung sowie der Einrichtung dienender
Nutzungen.
Innerhalb des Sonstigen Sondergebietes „Pflegehof“ sind
zulässig:
- Wohn- und/oder Pflegeeinrichtungen für Senioren und
anderweitige Pflege- und Betreuungsbedürftige
- Anlagen zur Unterbringung einer Tagespflege
- Wohnungen, die geeignet sind für betreutes Wohnen
- Wohnungen, insb. für Betriebsleiter, Aufsichts- und
Bereitschaftspersonal und Mitarbeiter die der Einrichtung zugeordnet sind
- Wohnungen, insb. für Gäste und Angehörige, die der
Einrichtung zugeordnet sind
- Anlagen für die Verwaltung, Bewirtschaftung und
Versorgung der Einrichtung inkl. Anlagen für Veranstaltungen sowie Bildungs-
und Fortbildungsmaßnahmen, die u.a der Einrichtung zugeordnet sind.
- untergeordneter Einzelhandel, z.B. Hofladen bis max.
50m² VK-Fläche, der der Einrichtung zugeordnet ist.
- Anlagen für sportliche und gesundheitliche Zwecke, die
der Einrichtung zugeordnet sind, z.B. Therapie-, Bewegungs- und Sporträume
- Anlagen für körpernahe Dienstleistungen sowie für
heilkundliche und medizinische Berufe
- Anlagen für gastronomische Zwecke, wie Tagescafé /
Kiosk
- Anlagen und Einrichtungen für Tierhaltung (u.a. Hühner,
Ziegen, Schweine, Schafe, Esel, Pferde etc.)
sowie die dafür erforderlichen Nebenanlagen
- Stellplätze und
- weitere untergeordnete Nutzungen, soweit sie der
Einrichtung dienen.
Die Änderung kann
voraussichtlich im beschleunigten Verfahren gem. § 13a BauGB erfolgen. Der
Flächennutzungsplan muss danach nicht vorab geändert werden, es reicht eine
Berichtigung des Flächennutzungsplanes.
b) Der Vorhabenträger hat die Übernahme der
Planungskosten zugesagt. Hierzu ist ein städtebaulicher Vertrag zu schließen.
Außerdem sollte in diesem städtebaulichen Vertrag die Durchführung der
erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen gem. §1a Abs. 3 BauGB vereinbart werden.
Für die Erstellung der Planungsunterlagen zur Änderung des
Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ wurden Honorarkostenschätzungen von fünf
Planungsbüros eingeholt.
Das Ergebnis der
Angebotseinholung wird nachgereicht.
c) Die Gemeinde Zernien hat in 2013 zur
Erschließung des mit dem B-Plan „Göhrdestraße“ planerisch festgesetzten
Gewerbegebietes eine Förderung in Höhe von 289.938,96 € erhalten. Diese
Förderung wurde aus dem EU-Programm EFRE,
Zielgebiet Konvergenz, Förderperiode 2007-2013, Richtlinie über die Gewährung
von Zuwendungen zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur und zur Förderung
wirtschaftsnaher Infrastrukturmaßnahmen, gewährt. Ziel dieses Programmes
ist die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen
und dem Generieren von Steuereinnahmen zur Stärkung der Region. Die
förderwürdigen Ansiedlungen sind in einer sog. Positivliste in der Anlage der
Förderrichtlinien festgelegt.
Bereits im Zuge der zu erstellenden Zwischenabrechnung war die Gemeinde
aufgefordert einen Teil der gewährten Fördermittel zurückzuzahlen, für einen
Grundstücksverkauf in dem Gebiet, in dessen Zuge dann eine andere Nutzung als
in den Förderrichtlinien festgelegt, erfolgt ist. Der Zweckbindungszeitraum, in
dem sich bei einem Verkauf und einer folgenden Ansiedlung an die
Förderrichtlinien zu halten ist, endet mit Ablauf des 31.12.2029.
Der geplante „Pflegehof“ ist nicht Teil der nach vorgenannter Positivliste
förderwürdigen Ansiedlungen. Es ist daher mit einer weiteren
Rückzahlungsverpflichtung von Teilen der gewährten Förderung zu rechnen.
In diesem Wissen ist die NBank gebeten worden, zu möglichen Rückzahlungsverpflichtungen
Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist ohne Gewähr und unter Zugrundelegung der derzeitigen
Parameter seitens der NBank abgegeben worden. Gegenstand der Überlegungen waren
die der Gemeinde derzeit vorliegenden Annahmen, dass das aus der Förderung
herauszurechnende Grundstück eine Fläche von ca. 2,4 ha hat. Weiter wird davon
ausgegangen, dass die verbleibenden Grundstücke auch weiterhin einer
förderwürdigen Nutzung zugeführt werden können. Sollten sich in einem zur
Verwirklichung des Pflegehofkonzeptes anstehenden Bauleitplanverfahrens auch
die westlich gelegenen Gewerbeflächen planerisch anders darstellen müssen, oder
eventuell alle noch zur Verfügung stehenden festgesetzten Gewerbeflächen
planerisch anders festgesetzt werden müssen, so könnten auch diese Flächen
ggfls. nicht mehr gemäß der Positivliste genutzt werden. In dem Fall wären
höhere Rückzahlungsverpflichtungen zu erwarten, die bis zu einer
Gesamtrückzahlung der noch „valutierenden“ Fördermittel gehen könnten. Der Zweckbindungszeitraum
beträgt 15 Jahre und endet mit Ablauf des 31.12.2029 (s.o.). Eine eventuelle
Rückzahlungsverpflichtung berechnet sich aus einer zeitlichen und
flächenmäßigen Komponente. Eine genaue Benennung ist aus den vorgenannten
Gründen der NBank absolut nicht möglich. Unter der Anwendung der derzeit
bekannten Parameter (Restlaufzeit der Zweckbindung ca. 7,5 Jahre, Flächengröße
Pflegehof ca. 2,4 ha und weiterer Ansiedlungsmöglichkeit gem. Positivliste für
die verbleibenden Restflächen wird eine Rückzahlungsverpflichtung in diesem
Fall von 40.000 € genannt. Dieser Teilwiderrufsbetrag wäre für den Zeitraum vom
Beginn der Zweckbindung bis zur erfolgenden Rückzahlung mit 5 % über dem
Basiszinssatz zu verzinsen und ebenfalls zu erstatten. Weiterhin kommen als
Verfahrenskosten 10 % der zu erstattenden Beträge als Gebühren auf die Gemeinde
zu. Somit dürfte sich der Erstattungsbetrag (vorbehaltlich der bei Berechnung
tatsächlich sich ergebenden Parametern) auf ca. 55.000 € berechnen lassen.
Beschlussvorschlag:
a) Die Ansiedlung des Projektes „Pflegehof“ wird befürwortet und aktiv unterstützt. Dazu leitet der Rat der Gemeinde Zernien das Verfahren zur 3. Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ ein. Es wird geprüft, in wie weit das Verfahren zur 2. Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ eingestellt oder einbezogen werden kann bzw. muss. Zur Übernahme der Planungskosten wird ein städtebaulicher Vertrag geschlossen.
b) Zur Erstellung der Planungsunterlagen zur Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ wird vorbehaltlich des geschlossenen städtebaulichen Vertrages zur Übernahme der Planungskosten das Planungsbüro xx mit einem Honorar i.H.v. xx beauftragt.
c) Die Gemeinde nimmt im Zusammenhang mit der zur Erschließung des Gewerbegebietes gewährten Förderung zur Kenntnis, dass der Pflegehof nicht in der Positivliste der Betriebe geführt wird, die nach Förderrichtlinie als Ansiedlungsziel für anzusiedelnde Betriebe anzuwenden ist.
Aufgrund der Ansiedlung des Pflegehofes ist mit einer Rückforderung der Förderung i.H.v. etwa. 55.000 € zu rechnen.