Betreff
Gewerbegebiet Lange Stücke; Entscheidung über die Ansiedlung des Projektes "Pflegehof"
Vorlage
30/0220/2022/1
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Sachverhalt:

a)       In der Sitzung am 14.07.22 (ZerR/XI/04) unter Top 11 wurde das Projekt „Pflegehof“ vorgestellt. Es handelt sich um eine Wohneinrichtung für vorwiegend demenzkranke Menschen, die in einem dorftypischen/ landwirtschaftlichen Umfeld eingebettet wird, um ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu fördern. Ein externer Pflegedienst wird von den Bewohnern eingestellt.

Im Bebauungsplan „Göhrdestraße“ sind die Ansiedlungsflächen als Gewerbegebiet festgesetzt. Im Gewerbegebiet ist eine solche Einrichtung, die bauplanungsrechtlich als Einrichtung für soziale Zwecke beurteilt wird, nicht zulässig.

 

Um die Ansiedlung des Pflegehofes zu ermöglichen, ist die Änderung des Bebauungsplanes erforderlich.

Zur Ansiedlung des „Pflegehofes“ und der dafür erforderlichen Änderung des Bebauungsplanes fand am 05.07.22 ein Gespräch zwischen Vertretern des Vorhabenträgers, des Landkreises, der Gemeinde Zernien und der Samtgemeinde Elbtalaue statt.

Im Ergebnis wurde festgehalten, dass eine Änderung der Gewerbegebiete in ein sonstiges Sondergebiet erfolgen sollte. Dabei ist insbesondere der Schutz der bisher angesiedelten Gewerbebetriebe sowie der potentiellen neuen Gewerbestandorte sowie die Einflüsse der Biogasanlage zu berücksichtigen. Überschlägig wird davon ausgegangen werden, dass der Sicherheitsabstand zur Biogasanlage eingehalten wird. Gegebenenfalls sind Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Außerdem erscheint eine Eingrünung des Pflegehofes in Richtung der Biogasanlage und der bestehenden Gewerbebetriebe sinnvoll.

 

Möglich wäre die Festsetzung eines sonstigen Sondergebietes mit einem Schutzanspruch eines Mischgebietes. Die zwischen den beiden Gebieten festgesetzte Straßenverkehrsfläche könnte entfallen, die Baugrenzen zusammengeführt werden.

 

Folgende Festsetzung könnte zum sonstigen Sondergebiet erfolgen:

 

Das sonstige Sondergebiet „Pflegehof“ dient der Errichtung einer Wohn- und Pflegeeinrichtung sowie der Einrichtung dienender Nutzungen.

Innerhalb des Sonstigen Sondergebietes „Pflegehof“ sind zulässig:

- Wohn- und/oder Pflegeeinrichtungen für Senioren und anderweitige Pflege- und Betreuungsbedürftige

- Anlagen zur Unterbringung einer Tagespflege

- Wohnungen, die geeignet sind für betreutes Wohnen

- Wohnungen, insb. für Betriebsleiter, Aufsichts- und Bereitschaftspersonal und Mitarbeiter die der Einrichtung zugeordnet sind

- Wohnungen, insb. für Gäste und Angehörige, die der Einrichtung zugeordnet sind

- Anlagen für die Verwaltung, Bewirtschaftung und Versorgung der Einrichtung inkl. Anlagen für Veranstaltungen sowie Bildungs- und Fortbildungsmaßnahmen, die u.a der Einrichtung zugeordnet sind.

- untergeordneter Einzelhandel, z.B. Hofladen bis max. 50m² VK-Fläche, der der Einrichtung zugeordnet ist.

- Anlagen für sportliche und gesundheitliche Zwecke, die der Einrichtung zugeordnet sind, z.B. Therapie-, Bewegungs- und Sporträume

- Anlagen für körpernahe Dienstleistungen sowie für heilkundliche und medizinische Berufe

- Anlagen für gastronomische Zwecke, wie Tagescafé / Kiosk

- Anlagen und Einrichtungen für Tierhaltung (u.a. Hühner, Ziegen, Schweine, Schafe, Esel, Pferde etc.)   sowie die dafür erforderlichen Nebenanlagen

- Stellplätze und

- weitere untergeordnete Nutzungen, soweit sie der Einrichtung dienen.

 

Die Änderung kann voraussichtlich im beschleunigten Verfahren gem. § 13a BauGB erfolgen. Der Flächennutzungsplan muss danach nicht vorab geändert werden, es reicht eine Berichtigung des Flächennutzungsplanes.

 

 

b)      Der Vorhabenträger hat die Übernahme der Planungskosten zugesagt. Hierzu ist ein städtebaulicher Vertrag zu schließen. Außerdem sollte in diesem städtebaulichen Vertrag die Durchführung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen gem. §1a Abs. 3 BauGB vereinbart werden.

Für die Erstellung der Planungsunterlagen zur Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ wurden Honorarkostenschätzungen von fünf Planungsbüros eingeholt.

 

Das Ergebnis der Angebotseinholung wird nachgereicht.

 

c)       Die Gemeinde Zernien hat in 2013 zur Erschließung des mit dem B-Plan „Göhrdestraße“ planerisch festgesetzten Gewerbegebietes eine Förderung in Höhe von 289.938,96 € erhalten. Diese Förderung wurde aus dem EU-Programm EFRE, Zielgebiet Konvergenz, Förderperiode 2007-2013, Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur und zur Förderung wirtschaftsnaher Infrastrukturmaßnahmen, gewährt. Ziel dieses Programmes ist die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen und dem Generieren von Steuereinnahmen zur Stärkung der Region. Die förderwürdigen Ansiedlungen sind in einer sog. Positivliste in der Anlage der Förderrichtlinien festgelegt.
Bereits im Zuge der zu erstellenden Zwischenabrechnung war die Gemeinde aufgefordert einen Teil der gewährten Fördermittel zurückzuzahlen, für einen Grundstücksverkauf in dem Gebiet, in dessen Zuge dann eine andere Nutzung als in den Förderrichtlinien festgelegt, erfolgt ist. Der Zweckbindungszeitraum, in dem sich bei einem Verkauf und einer folgenden Ansiedlung an die Förderrichtlinien zu halten ist, endet mit Ablauf des 31.12.2029.
Der geplante „Pflegehof“ ist nicht Teil der nach vorgenannter Positivliste förderwürdigen Ansiedlungen. Es ist daher mit einer weiteren Rückzahlungsverpflichtung von Teilen der gewährten Förderung zu rechnen.
In diesem Wissen ist die NBank gebeten worden, zu möglichen Rückzahlungsverpflichtungen Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist ohne Gewähr und unter Zugrundelegung der derzeitigen Parameter seitens der NBank abgegeben worden. Gegenstand der Überlegungen waren die der Gemeinde derzeit vorliegenden Annahmen, dass das aus der Förderung herauszurechnende Grundstück eine Fläche von ca. 2,4 ha hat. Weiter wird davon ausgegangen, dass die verbleibenden Grundstücke auch weiterhin einer förderwürdigen Nutzung zugeführt werden können. Sollten sich in einem zur Verwirklichung des Pflegehofkonzeptes anstehenden Bauleitplanverfahrens auch die westlich gelegenen Gewerbeflächen planerisch anders darstellen müssen, oder eventuell alle noch zur Verfügung stehenden festgesetzten Gewerbeflächen planerisch anders festgesetzt werden müssen, so könnten auch diese Flächen ggfls. nicht mehr gemäß der Positivliste genutzt werden. In dem Fall wären höhere Rückzahlungsverpflichtungen zu erwarten, die bis zu einer Gesamtrückzahlung der noch „valutierenden“ Fördermittel gehen könnten. Der Zweckbindungszeitraum beträgt 15 Jahre und endet mit Ablauf des 31.12.2029 (s.o.). Eine eventuelle Rückzahlungsverpflichtung berechnet sich aus einer zeitlichen und flächenmäßigen Komponente. Eine genaue Benennung ist aus den vorgenannten Gründen der NBank absolut nicht möglich. Unter der Anwendung der derzeit bekannten Parameter (Restlaufzeit der Zweckbindung ca. 7,5 Jahre, Flächengröße Pflegehof ca. 2,4 ha und weiterer Ansiedlungsmöglichkeit gem. Positivliste für die verbleibenden Restflächen wird eine Rückzahlungsverpflichtung in diesem Fall von 40.000 € genannt. Dieser Teilwiderrufsbetrag wäre für den Zeitraum vom Beginn der Zweckbindung bis zur erfolgenden Rückzahlung mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen und ebenfalls zu erstatten. Weiterhin kommen als Verfahrenskosten 10 % der zu erstattenden Beträge als Gebühren auf die Gemeinde zu. Somit dürfte sich der Erstattungsbetrag (vorbehaltlich der bei Berechnung tatsächlich sich ergebenden Parametern) auf ca. 55.000 € berechnen lassen.

 


Beschlussvorschlag:

a)    Die Ansiedlung des Projektes „Pflegehof“ wird befürwortet und aktiv unterstützt. Dazu leitet der Rat der Gemeinde Zernien das Verfahren zur 3. Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ ein. Es wird geprüft, in wie weit das Verfahren zur 2. Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ eingestellt oder einbezogen werden kann bzw. muss. Zur Übernahme der Planungskosten wird ein städtebaulicher Vertrag geschlossen.

 

b)    Zur Erstellung der Planungsunterlagen zur Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ wird vorbehaltlich des geschlossenen städtebaulichen Vertrages zur Übernahme der Planungskosten das Planungsbüro xx mit einem Honorar i.H.v. xx beauftragt.

 

c)    Die Gemeinde nimmt im Zusammenhang mit der zur Erschließung des Gewerbegebietes gewährten Förderung zur Kenntnis, dass der Pflegehof nicht in der Positivliste der Betriebe geführt wird, die nach Förderrichtlinie als Ansiedlungsziel für anzusiedelnde Betriebe anzuwenden ist.

Aufgrund der Ansiedlung des Pflegehofes ist mit einer Rückforderung der Förderung i.H.v. etwa. 55.000 € zu rechnen.