Sachverhalt:
In der Sitzung des
Rates der Stadt Hitzacker (Elbe) am 20.06.2017 stand die Beratung zur neuen
Geschäftsordnung auf der Tagesordnung. Zum Hintergrund sei nochmals angemerkt,
dass sich Räte gem. § 69 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes
(NKomVG) eine Geschäftsordnung zu geben haben. Diese soll insbesondere
Bestimmungen über die Aufrechterhaltung der Ordnung, die Ladung und das
Abstimmungsverhalten enthalten. Die Geschäftsordnung gilt jeweils für die
Wahlperiode.
Zur
Aufrechterhaltung des Geschäftsgangs hatte der Rat der Stadt Hitzacker (Elbe)
in seiner konstituierenden Sitzung zunächst beschlossen, dass die bisherige
Geschäftsordnung vom 24.05.2012 weiterhin, bis zum Erlass einer neuen
Geschäftsordnung, Gültigkeit hat.
Zur Sitzung am
20.06.2017 wurde der Entwurf einer geänderten Geschäftsordnung für den Rat der
Stadt Hitzacker (Elbe) erarbeitet. In diesem Zusammenhang wird auf die bereits
zur Verfügung gestellten Unterlagen in der Referenzvorlage verwiesen. Die
Regelungen der bisherigen Geschäftsordnung wurden rechtlich überprüft und in
einigen Fällen angepasst, erweitert oder gestrichen. Einzelheiten wurden in der
Sitzung ausführlich vorgetragen.
Der Entwurf der
Geschäftsordnung wurde zudem den Vorsitzenden der Fraktionen im Rat der Stadt
Hitzacker (Elbe) bereits mit Datum vom 26.01.2017 mit der Bitte um
Kenntnisnahme, interne Beratung und ggf. Zusendung weiterer Änderungsvorschläge
übersandt. Rückmeldungen waren bis zum oben genannten Sitzungstermin nicht
eingegangen.
In der Sitzung
selbst hatte Ratsherr Zühlke dann aber noch folgende 3 Vorschläge zur Änderung
der Geschäftsordnung eingebracht.
1.
§5
(1) ........spätestens am 14. Tag vor der jeweiligen Ratssitzung, so diese
denn mindestens drei Wochen vor dem Termin den Ratsmitgliedern bekannt gemacht
wurde, bei der Bürgermeisterin.......
2.
In
§ 7 ist als Absatz 2 der Absatz 3 des § 6 anzufügen.
3.
In
§ 12 steht ......§10 Abs.6 ..... Den Absatz 6 gibt es nicht.
Der Rat beschloss
in der Sitzung vom 20.06.2017 daraufhin die Vertagung des Tagesordnungspunktes,
um in den Fraktionen nochmals über die zusätzlichen Änderungswünsche beraten zu
können. Zudem wurde die Verwaltung gebeten, zu den Punkten Stellung zu nehmen.
Zu den Vorschlägen
von Ratsherr Zühlke trägt die Verwaltung wie folgt vor:
Zu 1).
Bei dieser
Formulierung muss zwingend bestimmt werden, welche Rechtsfolge für den Fall
vorgesehen ist, dass die Ratssitzung nicht mindestens drei Wochen vor
dem Termin den Ratsmitgliedern bekannt gemacht wurde.
So ist es
beispielsweise nicht möglich, die Antragsfristen weiter zu verkürzen und aus
einem „normalen“ Sachantrag einen Eil- oder Dringlichkeitsantrag zu generieren.
In beiden Fällen bestimmt sich die jeweilige Einschlägigkeit nach objektiven
Kriterien, die gerichtlich vollumfänglich im Rahmen der Auslegung der
unbestimmten Rechtsbegriffe überprüfbar sind.
Leider verzichtet
das Gesetz auf eine Definition der beiden unbestimmten Rechtsbegriffe, so dass
diesbezüglich auf Gerichtsentscheidungen oder Literaturmeinungen
zurückgegriffen werden muss.
So ist als eilig ein Fall anzusehen, wenn der
Aufschub ihrer Behandlung Erschwernisse bei ihrer Erledigung durch die
Verwaltung mit sich brächte (Thiele).
Als eilig ist ein Fall auch anzusehen, wenn
ein Aufschub der Sache bis zur – unter Wahrung der geschäftsordnungsmäßigen
Ladungsfrist – nächstmöglichen Sitzung der Vertretung Dritten ohne eigenes
Verschulden oder der Kommune selbst einen irreversiblen materiellen Schaden von
einigem Gewicht zufügt. Gleiches gilt, wenn durch den Aufschub Rechte von
Mitgliedern der Vertretung oder anderer Organe der Kommune verkürzt werden und
diese drohende Rechtsverkürzung schwerer wiegt als die Einschränkung des
Vorbereitungsrechts der Mitglieder der Vertretung (Blum).
Als dringend sind solche Angelegenheiten
anzusehen, deren Beratung und Entscheidung unter Berücksichtigung der
einzuhaltenden – möglicherweise verkürzten
- Ladungsfrist nicht bis zur nächsten Sitzung aufgeschoben werden kann,
ohne dass Nachteile entstehen, die nicht wieder beseitigt werden können (OVG
Lüneburg, Urteil vom 17.12.1998 NVwZ 1999, S. 1001).
Liegen die
Voraussetzungen für den Eil- oder Dringlichkeitsfall nicht vor, sind ggf.
gefasste Beschlüsse unwirksam.
Um den
Schwierigkeiten einer möglichen rechtswidrigen Behandlung von normalen
Sachanträgen (die quasi nur wie Eil- oder Sachanträge behandelt werden) aus dem
Weg zu gehen, wird vorgeschlagen, in § 1 der Geschäftsordnung hinter dem Satz 1
folgenden Satz 2 einzufügen:
Ratssitzungen sollen
mindestens drei Wochen vor dem Termin den Ratsmitgliedern bekannt gemacht
werden.
Eine Soll-Vorschrift
ist eine gesetzliche Bestimmung, die ein Tun oder Unterlassen für den Regelfall
vorschreibt. Hiervon kann unter bestimmten Umständen jedoch abgewichen werden.
Die Formulierung
einer Soll-Vorschrift hat also den Vorteil, dass den Mandatsträgern in der
Regel die begehrten drei Wochen vor einer Sitzung über den Sitzungstermin
informiert werden, bei atypischen Fällen aber eine Abweichung möglich ist, ohne
die Antragsfristen zu verändern. Durch die Verortung in § 1 der
Geschäftsordnung wird zudem ein unmittelbarer Zusammenhang mit den
Antragsfristen des § 5 der Geschäftsordnung vermieden.
Zu 2.)
Die Norm, die nach
Ansicht von Herrn Zühlke in § 7 als Absatz 2 eingefügt werden soll, lautet wie
folgt:
Soll über den Antrag in der
Sache noch in der laufenden Sitzung des Rates beschlossen werden, ist die
Sitzung zur Vorbereitung durch den Verwaltungsausschuss nach § 22 Abs. 3 zu
unterbrechen.
Die Einfügung
dieses Absatzes in § 7 ist aus Sicht der Verwaltung eine sinnvolle Ergänzung,
weil sie zur Klarstellung des notwendigen Verfahrens dient. Sowohl für einen
Eil- als auch für einen Dringlichkeitsfall ist ein Beschluss in der Sitzung
zwingend notwendig, denn die
Rechtfertigung für einen Verzicht auf die reguläre geschäftsordnungsmäßige
Frist und die damit verbundene verkürzten Vorbereitungsmöglichkeiten der
Mandatsträger liegen allein in der Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung.
Tagesordnungspunkte, die lediglich
beraten werden sollen, können nach den oben dargelegten Definitionen keine
Eil- oder Dringlichkeitsfälle sein und dürfen daher nicht nachträglich in die
Tagesordnung aufgenommen werden.
Aus diesem Grund
ist bei vorberatungspflichtigen
Angelegenheiten immer eine Unterbrechung der Sitzung zur Vorberatung durch
den Verwaltungsausschuss notwendig und von daher der Antrag von Ratsherr Zühlke
zur Klarstellung des Verfahrens sinnvoll.
Die Verwaltung
weist zudem darauf hin, dass der Rat unter anderem im Rahmen der Feststellung
der Tagesordnung das Recht hat, Tagesordnungspunkte mit einfacher Mehrheit von
der Tagesordnung abzusetzen, wenn die Auffassung vertreten wird, dass eine
Eilbedürftigkeit nicht gegeben ist. Wie bereits oben dargestellt sind Eil- oder
Dringlichkeitsbeschlüsse unwirksam, wenn die Voraussetzungen dafür nicht
vorgelegen haben.
Zu 3.)
Der Hinweis ist
vollkommen korrekt. In § 12 GO muss auf § 11 Abs. 6 der GO verwiesen werden,
der folgendes regelt:
„Wenn anwesende
Sachverständige oder anwesende Einwohnerinnen und Einwohner zum Gegenstand der
Beratung zu hören sind, so sollen diese auch nur einmal zum Beratungsgegenstand
sprechen können.“
§ 12 GO ist
entsprechend zu ändern. Es handelt sich hier um ein Redaktionsversehen.
Beschlussvorschlag:
Die in der Sitzung
des Rates vom 20.06.2017 beratene neue Fassung der Geschäftsordnung wird mit
folgenden Änderungen erlassen:
In § 1 Absatz 1 GO
wird folgender Satz eingefügt: „Ratssitzungen sollen mindestens drei Wochen vor
dem Termin den Ratsmitgliedern bekannt gemacht werden.“
In § 7 GO wird folgende Regelung als Absatz
2 eingefügt: „Soll über den Antrag in der Sache noch
in der laufenden Sitzung des Rates beschlossen werden, ist die Sitzung zur
Vorbereitung durch den Verwaltungsausschuss nach § 22 Abs. 3 zu unterbrechen.“
In § 12 GO wird der Verweis auf
§ 10 Abs. 6 in § 11 Abs. 6 geändert.