Sachverhalt:
Mit Beschluss vom
vom 4. Mai 2012 hat das Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (Az.: 1 MN
218/11) festgestellt, dass aus Gründen entgegenstehenden Bundesrechts (§ 4a
BauGB) die ausschließlich über das Internet erfolgende Bekanntmachung eines
Beschlusses, einen Bauleitplan aufzustellen, nicht den gesetzlichen
Anforderungen entspricht.
Auch für sonstige
ortsübliche Bekanntmachungen meldet das OVG - aus Sicht der Geschäftsstelle
ernst zu nehmende - Zweifel an, ob diese ausschließlich über das Internet
erfolgen dürften (... „Ob sich ein solcher Brauch herausbilden könnte, wäre
zudem fragwürdig. Für den noch immer nicht unbeträchtlichen Teil der
Bevölkerung, der sich dem privaten Gebrauch des Internets entzieht, wäre es von
ganz beträchtlichem Nachteil, von diesen Informationen jedenfalls dann
ausgeschlossen zu sein, wenn man daran geht, diesen Publikationspfad als den
einzig zulässigen - und nicht als einen von mehreren - zu oktroyieren...“), so
das Gericht.
Obwohl auch nicht
jede Bürgerin oder jeder Bürger über eine Tageszeitung oder ein Amtsblatt mit
den jeweiligen Verkündungen verfügt, macht das Gericht hier zwischen dem
Internet und den älteren Publikationswegen offensichtlich einen Unterschied.
Obwohl das Gericht
diese Meinung für den unbestimmten Rechtsbegriff der „Ortsüblichkeit“ nur in
Bezug auf das Baugesetzbuch vertreten hat, muss auch bei der Anwendung des
NKomVG mit Bedacht gehandelt werden. So kann es nach Ansicht von Herrn Thiele
problematisch sein, für die Ortsüblichkeit der Bekanntmachungen nach dem NKomVG
und nach anderen Gesetzen unterschiedliche Maßstäbe anzusetzen. Bezüglich der
Ortsüblichkeit besteht also ein gewisses Prozessrisiko, wenn diese
Bekanntmachungen ausschließlich über das Internet erfolgen sollten.
Damit sich diesbezüglich
überhaupt ein Brauch herausbilden kann, empfiehlt Herr Thiele, ortsübliche
Bekanntmachungen nach dem NKomVG zumindest für ein halbes Jahr sowohl auf
herkömmliche Weise als auch im Internet zu veröffentlichen. In der
Elbe-Jeetzel-Zeitung sollte dann ein Verweis auf die parallele Veröffentlichung
im Internet aufgenommen werden.
Auch der
Niedersächsische Städtetag empfiehlt mit HVB-Schreiben Nr. 32 / 2011 vom 22.
Juni 2011, für ortsübliche Bekanntmachungen nicht auf das Internet, sondern auf
eine der beiden anderen in § 11 Abs. 5 NKomVG vorgegebenen Formen (amtliches
Verkündungsblatt oder örtliche Tageszeitung) zurückzugreifen.
Neben dieser
Problematik gibt es in Bezug auf die Verkündung im Internet weitere
Rechtsunsicherheiten, die hier nochmals kurz aufgeführt werden sollen.
Beschaffenheit
der kommunalen Webseite
Gemäß § 11 Abs. 3
S. 5 NKomVG darf die Online-Verkündung nur auf einer ausschließlich in
Verantwortung der Kommune betriebenen Internetseite erfolgen. Zur Einrichtung
und Pflege der Seite ist allerdings die Einbindung des Know-hows von Dritten
erlaubt. Anders als beim Amtsblatt ist der gemeinsame Betrieb mit einer anderen
Kommune also nicht zulässig. Das Internetportal der Samtgemeinde Elbtalaue wird
zumindest technisch zusammen mit den anderen Samtgemeinden und dem Landkreis
betrieben. Es besteht also auch hier die Rechtsunsicherheit, ob das
Internetportal der Samtgemeinde Elbtalaue überhaupt für Internetverkündungen
geeignet ist.
Unklar ist in
diesem Zusammenhang zudem, ob auf der gleichen Internetseite auch andere
Inhalte wie Bürgerinformationen, Tourismushinweise oder gar Werbung angeboten
werden dürfen. Im Amtsblatt dürfen „andere amtliche Bekanntmachungen“, sowie
„andere Veröffentlichungen, […] veröffentlicht werden, wenn es sich um kurze
Mitteilungen und nicht um Werbung zu Zwecken des Wettbewerbs im geschäftlichen
Verkehr“ handelt.
Solange keine
eingehende Rechtsprechung in der Thematik erfolgt ist, sollte man beim
Verknüpfen von Inhalten Zurückhaltung üben – gerade im Hinblick auf die
mögliche Nichtigkeit von Satzungen.
Dauerhafte
Bereitstellung der Vorschriften
Gemäß § 11 Abs. 3
S. 4 NKomVG muss die Bereitstellung im Internet „dauerhaft“ sein. Der Bürger
muss die Satzung jederzeit abrufen können. Nach ihrer Veröffentlichung muss sie
also im Internet einsehbar bleiben, solange sie in Kraft ist.
Was genau unter
„dauerhaft“ zu verstehen ist, wird im Gesetz aber nicht definiert. Als Maßstab
wird dabei die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Satzung bei der Kommune
angesehen werden können. Diese besteht an Wochenenden und Feiertagen
beispielsweise nicht. Von daher wird angenommen werden können, dass eine
Satzung ihre Wirksamkeit nicht verliert, wenn Sie wenige Stunden während der
Sprechzeit der Verwaltung im Internet nicht zur Verfügung steht. Dies kann aber
wirklich nur als Annahme qualifiziert werden.
Nicht beantwortet
sind hierbei die Folgen, wenn sich die Gemeinde nach einiger Zeit aus
irgendwelchen Gründen entschließt, die Online-Verkündung einzustellen. Um eine
Kenntnisnahme von ausschließlich im Internet verkündeten Rechtsvorschriften
fortlaufend zu gewährleisten, dürften einer Gemeinde nur zwei Lösungen zur
Verfügung stehen:
Entweder wird die
Webseite weiter betrieben, solange noch eine darauf verkündete Rechtsvorschrift
in Kraft ist, oder die fraglichen Satzungen wären erstmals im Amtsblatt bekannt
zu machen. Zumindest in einer ersten Testphase ist Gemeinden deshalb zu raten,
eine parallele Verkündung im Amtsblatt vorzunehmen. Sollte es online Probleme
geben, sichert die Offline-Verkündigung die Wirksamkeit der Satzungen.
Absicherung der
Internetseite
Die
Rechtsvorschriften sind in der verkündeten Fassung „durch technische und
organisatorische Maßnahmen zu sichern“, vergleiche § 11 Abs. 3 S. 4 NKomVG. Es
ist davon auszugehen, dass hiermit gemeint ist, die Webseite derart
abzusichern, dass Veränderungen oder Unbrauchbarmachung der Inhalte durch
unbefugten Zugriff Dritter oder Systemausfälle und -fehler möglichst
ausgeschlossen werden.
Hier besteht die
Unsicherheit, welches Schutzniveau von der Kommune gefordert ist. Diese Frage
stellt sich vor allem im Hinblick auf eventuelle in Folge entstehende
Schadensersatzansprüche gegenüber der Kommune. Beispiel: Der Server fällt
mehrere Stunden aus. In Folge kann ein Bürger, der eine Frist einhalten muss,
eine relevante Satzung nicht einsehen.
Grundsätzlich kann
die absolute Sicherheit einer Webseite nach dem aktuellen Stand der Technik
nicht verlangt werden.
Aber auch unter
Beachtung von obligatorischen Sicherheitsmaßnahmen wie der Beschränkung des
berechtigten Personenkreises für Einstellung und Änderung der
Rechtsvorschriften im Internet sowie der Installation von Virensoftware und
Firewalls bleiben Rechtsunsicherheiten.
Gerade
Internetseiten bieten eine erhöhte Störanfälligkeit, weil durch kleinste
Programmierfehler Probleme entstehen können. Solche Fehler fallen oft nicht
sofort auf oder entstehen später, wenn Änderungen an der Seite vorgenommen
werden.
Beispiel: Durch die
falsche Einrichtung eines Bildfensters ist ein Abschnitt eines Planes oder
einer Satzung nicht einsehbar oder eine Suchfunktion ist fehlerhaft.
Aufgrund von
Browserunterschieden bei den Nutzern empfiehlt es sich außerdem, genormte PDFs
zu verwenden, weil diese plattformunabhängig immer gleich dargestellt werden
(im Gegensatz zu der Darstellung auf Webseiten).
Aber selbst mit
unterschiedlichen PDF-Viewern könnte es Unterschiede geben, so dass immer der
Hinweis aufgenommen werden sollte, dass der Adobe-Viewer zu nutzen ist.
Insgesamt ist daher
festzuhalten, dass es in Bezug auf die Unklarheiten im Gesetz bei der
Internetverkündung zahlreiche Risiken gibt. Das Risiko der Nichtigkeit von
Satzungen oder Verordnungen geht dabei voll zu lasten der Kommunen.
Es ist daher
insgesamt zu empfehlen, für eine Übergangsphase neben der Internetverkündung
noch die parallele Verkündung in der Elbe-Jeetzel-Zeitung durchzuführen.
Beschlussvorschlag:
Der Rat nimmt
folgenden Sachverhalt zur Kenntnis.