Beschluss: Kenntnis genommen

Abstimmung: Ja: 9

Herr Maatsch erläutert den Sachverhalt. Die Gemeinde Göhrde verfügt über eine Satzung zur Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge (SABS).

Die bestehende Satzung wurde am 28.09.1988 beschlossen und ist inzwischen veraltet, d.h. sie entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen der Rechtsprechung. Sie stellt insofern für eine möglicherweise vorzunehmende Abrechnung einer Straßenausbaumaßnahme keine verlässliche Rechtsgrundlage dar, weil darauf gestützte Bescheide mit hoher Wahrscheinlichkeit keiner gerichtlichen Prüfung standhalten würden.

Von der Verwaltung wird insofern der Beschluss einer Neufassung empfohlen.

Da es sich um eine freiwillige Satzung handelt, besteht auch die Möglichkeit, dieser aßer Kraft zu setzen.

 

 

Spätestens wenn ein Straßenausbau ansteht, wird eine Entscheidung bezüglich der veralteten Satzung nötig. Sollte eine Aufhebung der Satzung ins Auge gefasst werden, wäre zu bedenken, dass ggf. dann Beitragseinnahmen zur Investitionsfinanzierung ausfallen. Auch Kreditmittel werden bei nicht bestehender SABS von der Kommunalaufsicht nicht bewilligt werden können, weil die Erhebung spezieller Entgelte -wie z.B. Beiträge- gegenüber Krediten vorrangig ist (§ 111 Abs. 6 NKomVG). Zur teilweisen Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen durch einmalige Straßenausbaubeiträge besteht deswegen nach Auffassung der Verwaltung keine sinnvolle Alternative.

 

Ab 1.4.2017 ist durch das Nds. Kommunalabgabengesetz die Möglichkeit zur Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge eingeführt worden. Mit der Einführung des wiederkehrenden SAB soll eine breitere Verteilung der Umlagezahlungen durch die Ausweisung von erweiterten Abrechnungsgebieten erreicht werden. Diese Variante ist aber mit erheblichen Rechtsunsicherheiten bezüglich der Gebietsabgrenzungen behaftet – sh. Anlage2. Weiterhin werden Anspruchshaltungen und fehlender Maßnahmenbezug zu verzeichnen sein, da die direkte Vorteilssituation des Anliegers zur nächstgelegenen Straße verlorengeht. Schließlich ist diese Beitragsart sehr verwaltungsintensiv, einmal bei der Einführung (u.a. Erhebung/Aktuellhaltung sämtlicher Grundstücksdaten) aber auch wegen regelmäßig notwendiger Kalkulationen und Zahlungsanforderungen. Mit Kosten für erhöhten Personalaufwand ist somit zu rechnen.

 

Bereits am 20.8.2018 hat die Verwaltung eine interkommunale Informationsveranstaltung für Ratsmitglieder mit dem Fachanwalt Dr. von Waldthausen als Referenten durchgeführt. Bei dieser Veranstaltung wurden die beiden verschiedenen Beitragssysteme eingehend erläutert und auch die alternative Finanzierung über die Anhebung der Grundsteuerhebesätze angesprochen.

Als Ergebnis der damaligen Informationsveranstaltung ist nach Auffassung der Verwaltung festzustellen, dass gute Gründe für die Beibehaltung des einmaligen Straßenausbaubeitrages zur Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen sprechen.

 

Die Variante des völligen Verzichts auf einmalige oder wiederkehrende SAB und der alternativen Finanzierung über die Grundsteuer ist nach Auffassung der Verwaltung keine realistische und gangbare Option. Hierbei ginge jeglicher Bezug der Anlieger zu der jeweiligen Anliegerstraße verloren. Das im Abgabewesen vorherrschende und bestimmende Abhängigkeitsprinzip von Leistung und zurechenbarer Gegenleistung (Äquivalenz) wäre völlig ausgehebelt. Über die Umlagefähigkeit der Grundsteuer würden auch Mieter mit anteiligen Straßenbauinvestitionen belastet. Außerdem würde die Abhängigkeitsspirale

zwischen Steueraufkommen und kommunalen Umlagezahlungen weiter angefacht.

 

Mit Gesetz vom 24.10.2019 erfolgten weitere NKAG-Änderungen, hauptsächlich zum einmaligen Straßenausbaubeitrag (neuer § 6 b).

 

Diese zuletzt erfolgte Gesetzesänderung (neuer § 6 b) beinhaltet die

a)       Möglichkeit zur Beschränkung des beitragspflichtigen Aufwandes;

b)      Ermächtigung zur erweiterten Zuschussanrechnung;

c)       Ermächtigung zur Einführung von Tiefenbegrenzungen und Eckgrundstücksvergünstigungen;

d)      Einführung von weitgehenden Zahlungserleichterungen – Verrentung bis zu 20 Jahren.

 

Zu a): Hier ist nicht die prozentuale Aufteilung zwischen Anlieger- und Gemeindeanteil angesprochen, dieses Verhältnis wird unverändert je Straßenkategorie nach den Nutzungsbedingungen der Straße im Einzelfall bestimmt.

Die neue Ermächtigung gestattet eine kostenmäßige Reduzierung des Gesamtaufwandes vor Aufteilung der beitragsfähigen Maßnahmekosten. Dies geschieht, indem ein prozentualer Wert des Kostenanteils entweder generell in die SABS aufgenommen oder per Sondersatzung je Einzelmaßnahme bestimmt wird. Derartige Reduzierungen gehen zulasten des Gemeindehaushalts, da sie die Umlagezahlungen der Anlieger verringern.

 

Zu b): In § 6 Abs. 5 Satz 5 NKAG ist geregelt, dass grundsätzlich Zuschüsse zunächst auf den Gemeindeanteil der Maßnahmekosten anzurechnen sind, sofern der Zuschussgeber nicht ausdrücklich  anderweitige Verwendungsmaßgaben trifft.

Die Neureglung erlaubt, dass künftig durch Satzung vom zwingenden Anrechnungsvorrang auf den Gemeindeanteil abgewichen werden kann. Die Reduzierung der Anliegerkosten verursacht zwangsläufig höhere Eigenanteile der Kommune.

 

Zu c): Diese Neuregelung hat nur redaktionellen Charakter.

Tiefenbegrenzungen sind bereits in der SABS vorhanden und finden somit bereits Anwendung. Vergünstigungen für Eckgrundstücke waren auch ohne gesetzliche Ermächtigung bereits möglich, wurden aber von den meisten Gemeinden (auch Hitzacker) nicht in die Satzung aufgenommen, weil die Minderungen anders als bei Erschließungsbeiträgen von den Kommunen zu tragen sind. Beim Erschließungsbeitrag werden die Minderungen durch die übrigen Anlieger getragen. Die Einführung der Vergünstigung für Eckgrundstücke verursacht zwangsläufig höheren Eigenanteil der Kommune.

 

Zu d): Mit der Neuregelung wird den Kommunen das Ermessen eingeräumt, die Beitragszahlung in maximal 20 Jahresraten ohne individuelle Solvenzprüfung zu gestatten. Die Verzinsung mit 3% über dem Basiszinssatz liegt ebenfalls im Ermessen der Kommune. Bei der Ermessensausübung sind einheitliche Maßstäbe anzuwenden, dies bedeutet u.a., dass bei grundsätzlicher Ratenbewilligung eine Selbstbindung der Verwaltung eintritt und Ablehnungen somit für einzelne Maßnahmen oder Personen nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen können.

Ratenzahlungen in Abhängigkeit von der persönlichen Zahlungsfähigkeit waren auch bisher möglich und bleiben dies darüberhinaus auch weiter.

 

Auf Nachfrage von Bgm Stegemann erläutert Herr Maatsch, dass die Erhebung von Beiträgen durch die Samtgemeinde für Gemeindeverbindungsstraßen theoretisch durchaus möglich ist, die Samtgemeinde aber keine entsprechende Beitragssatzung erlassen hat, weil die zulässige Anliegerbeteiligung äußerst gering wäre.

 

In einigen Bundesländern wurden die Rechtsgrundlagen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (SAB) in den Landes-KAG komplett aufgehoben – z.B. Berlin, Bayern, Brandenburg. In diesen Ländern ergibt sich nach dem Konnexitätsprinzip eine Ausgleichspflicht der Länder für die ausfallenden Finanzmittel, wobei fraglich ist, ob die Ermittlungsmethoden und deren tatsächliche Anwendung die Ausfälle realitätsnah und angemessen kompensieren können.

 

Um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde Göhrde nicht zu gefährden, empfiehlt die Verwaltung, die Satzung über die Erhebung einmaliger Straßenausbaubeiträge (SABS) zwecks Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen beizubehalten.

 

Auf Nachfrage von Rh Scherlies zu den wiederkehrenden Beiträgen erklärt Herr Maatsch, dass bei einem Straßenausbau vor dem Grundstück ein einmaliger Beitrag entsteht. Bei wiederkehrenden Beiträgen werden Abrechnungsgebiete gebildet und für die Berechnung zugrundegelegt.

Es entsteht eine kurze Aussprache hinsichtlich der Behandlung der unterschiedlichen Straßen bei der Berechnung von Straßenausbaubeiträgen.

 

Auf Nachfrage von Rh Mellmann erläutert Herr Maatsch, dass derzeit kein Handlungsbedarf besteht und dies lediglich der Information dient. Sollte zukünftig eine Straßenausbaumaßnahme anstehen, ist darüber zu entscheiden, ob die Satzung nachgebessert oder abgeschafft wird.

 

Nach Aussprache nimmt der Rat der Gemeinde Göhrde die Ausführungen zur Kenntnis.