Sitzung: 09.01.2020 Rat der Stadt Dannenberg (Elbe)
Bg Schwidder hat im Namen
der SPD-Fraktion hat am 06.01.20 zur Sitzung des VAD und des Stadtrates
folgende Anfrage schriftlich eingereicht:
Anfrage VA und
Stadtrat: NPD-Schutzzonenstreifendienst in Dannenberg
Sehr geehrter Herr
Stadtdirektor,
Nachfolgender link
vom Facebook-Auftritt der NPD-Aktion "Schutzzonen" meldet, dass vor
wenigen Tagen auch in Dannenberg Vertreter dieser rechtsextremen Gruppierung
aufgetreten sind. Sie haben dabei u.a. die auf der website "Schutzzonen.de"
(welche lt. Impressum von der NPD rechtlich verantwortet wird) angepriesenen
Westen mit einem stilisierten "S" getragen. +Auf einem der Bilder ist
ein Kontakt mit einer Polizeistreife zu sehen, die laut weiteren Meldungen auch
die Daten der Teilnehmer dieser "Schutzzonen-Streife" aufgenommen
haben sollen.
( https://www.facebook.com/Schutzzone-Nordheide-2345710115675483/
)
Da mich diese
Aktion nicht nur an SA-Trupps der 1920er Jahre erinnerte, sondern auch an die
Wuppertaler "Schariapolizei" 2014, habe ich im Internet noch einmal
nach derem Verbleib geschaut. Laut einem Bericht des SPIEGEL sind diese Herren
inzwischen zu Geldstrafen verurteilt
worden (s.
Die hier in
Dannenberg aufgetretenen Rechtsextremisten haben in ihrem Facebook-Auftritt
angekündigt, weiter in unserer Stadt tätig sein zu wollen und zudem
geschrieben:
"Wer sich
beteiligen möchte oder Hinweise auf Orte und Zeiträume hat, darf sich gerne
melden.
Im zweiten Schritt
planen wir eine Infoveranstaltung in der Innenstadt, um die Interessenten zu
bündeln, sich abzusprechen und aufzuteilen."
Um - anders als vor
knapp 100 Jahren - den üblen Anfängen von vornherein entgegen zu treten, möchte
ich hiermit folgende Anfragen für den heutigen VA und die Stadtratssitzung am
Donnerstag stellen:
1. Sind der
Verwaltung diese Aktionen der rechtsextremen Gruppierung
"Schutzzonen" bekannt?
2. Sind solche
Streifendienste in uniformähnlichen Westen anzeige- oder gar
genehmigungspflichtig?
3. Kann das Urteil
gegen die Wuppertaler Scharia-Polizei nach Kenntnis der Verwaltung auf diesen
"Streifendienst" der rechtsextremen
"Schutzzonen"-Gruppierung angewendet werden,
und wenn ja, könnte
die Stadt Dannenberg eine entsprechende Strafanzeige erstatten?
4. Sind bei der
Verwaltung Anträge auf die Durchführung einer lt. Facebook in Planung
befindlichen Veranstaltung in Dannenberg bekannt?
Mit freundlichen
Grüßen - Norbert Schwidder, Ratsmitglied
StDir Meyer sagt zu, diese
Anfragen in der Niederschrift zu beantworten.
Antwort der Verwaltung – Fachbereich 4, Frau Ringel:
(vorab per Mail an den VAD)
Sehr geehrte Damen und Herren,
auf die Fragen des Beigeordneten N. Schwidder vom 06.01.2020 wird wie folgt geantwortet:
1. Sind der
Verwaltung diese Aktionen der rechtsextremen Gruppierung
"Schutzzonen" bekannt?
Nein, bis dahin nicht.
2. Sind solche
Streifendienste in uniformähnlichen Westen anzeige- oder gar
genehmigungspflichtig?
Nein, mangels Gewinnerzielungsabsicht ist es kein anzeigepflichtiges Gewerbe. Es ist eine Aufgabe der Polizei, um Gefahren abzuwehren und Straftaten zu verhindern. Zweck der Bestreifung sind die Wahrnehmung anormaler Zustände von Sachen oder Personen, anormalen Handlungen, z. B. Straftaten oder Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; die Präsens in der Öffentlichkeit, z.B. von der Polizei mit dem Ziel, potentielle Straftäter von der Begehung von Straftaten abzuhalten, das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu erhöhen sowie für Auskünfte und Hilfeleistungen der Bevölkerung zur Verfügung zu stehen.
3. Kann das Urteil
gegen die Wuppertaler Scharia-Polizei nach Kenntnis der Verwaltung auf diesen
Streifendienst der rechtsextremen "Schutzzonen"-Gruppierung
angewendet werden,
wenn ja, könnte die
Stadt Dannenberg eine entsprechende Strafanzeige erstatten?
Vorausgeschickt das es zur Zeit noch keine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofes in der Angelegenheit "Scharia - Polizei" gibt, da das nunmehr zweite Urteil des Landgerichts Wuppertal wiederum mit einer Revision angegriffen wird, vertritt die Verwaltung der Samtgemeinde nachstehende Rechtsauffassung:
Die Beschuldigten müssen in strafrechtlich vorwerfbarer Weise gegen das versammlungsrechtliche Uniformverbot verstoßen bzw. Beihilfe zu einem solchen Vergehen geleistet haben.
Danach macht sich strafbar, wer vorsätzlich in einer Versammlung unter freien Himmel Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung trägt. Bei der im Hinblick auf das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gebotenen einschränkenden Auslegung der Strafvorschrift käme eine Strafbarkeit nur in Betracht, wenn die Kleidungsstücke Uniformen gleich sind und suggestiv - militante, einschüchternde Effekte auslösen bzw. durch das Tatgeschehen solche auslösen könnten.
In der Subsumtion des Vorgangs in der Dannenberger Innenstadt stellt sich daher die Frage, ob die Westen mit der Aufschrift "Schutzzone" Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung sind, und darüber hinaus geeignet sind einschüchternde Effekte auszulösen bzw. auslösen könnten.
Ausgehend davon, dass es sich um gleichartige Kleidungsstücke handelt muss daraus die Ableitung einer gemeinsamen politischen Gesinnung erfolgen können. Die Weste mit der Aufschrift "Schutzzone" muss demnach (strafrechtlich relevant) geeignet sein, die gemeinsame politische Gesinnung offenkundig werden zu lassen und darüber hinaus geeignet sein einschüchternde Effekte auszulösen bzw. auslösen zu können.
In der Realität hat sich in Dannenberg deutlich gezeigt, dass eine Einschüchterung aufgrund der vorgenannten Definition nicht zu verzeichnen war. Die wahrgenommene gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die von dem demokratischen Wertekompass ausgeht und durch das Grundgesetz manifestiert ist, hat in diesem Fall ausgereicht um rechten Tendenzen zu widerstehen.
Der qualitative Unterschied zum Fall "Scharia - Police" liegt in dem Umstand, dass die Westen mit der Aufschrift "SHARIA - POLICE" bewusst an tatsächlich existierende, gleichnamige ausländische militante Gruppierungen angelehnt ist. Die "echte" Scharia - Polizei tritt in verschiedenen Ländern, was allgemeinbekannt ist, einschüchternd auf, in dem diese ggf. unter Verwendung von Rohrstöcken zur Einhaltung der Glaubensregeln mahnt. Die Westen in Verbindung mit der Aufschrift sind in diesem Fall daher geeignet einschüchternde Effekte auszulösen.
Zusammenfassend kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass der Sachverhalt aus Dannenberg gesellschaftlich zu verurteilen und ächten ist, jedoch strafrechtlich aller Voraussicht nach nicht erfolgreich zu verfolgen sein wird.
4. Sind bei der
Verwaltung Anträge auf die Durchführung einer lt. Facebook in Planung
befindlichen Veranstaltung in Dannenberg bekannt?
Nein, für öffentliche Gebäude wurde bisher keine Anfrage gestellt. Für private Säle oder Einrichtungen haben wir bisher keine Informationen.