Sitzung: 31.01.2017 Ausschuss für Finanzen und Controlling des Rates der Stadt Dannenberg (Elbe)
Beschluss: Vertagung
Abstimmung: Ja: 7
Vorlage: 1/0021/2017
Herr Rhode trägt den Sachverhalt vor.
In der Zeit von Mai 2014 bis Februar 2016
ist für die Samtgemeinde Elbtalaue eine Stellenbemessung durchgeführt worden.
In diesem Zusammenhang ist auch der gesamte Aufgabenbereich des Archivs und des
Museums „Waldemarturm“ mit betrachtet worden.
Die Stellenbemessung hat einen notwendigen
Zeitanteil von insgesamt 0,75 Stellen für diese Aufgaben errechnet. Darin
enthalten sind Arbeitsprozesse, die momentan als „optional“ benannt wurden und
die zurzeit nicht durchgeführt werden, da sie den Rahmen der zur Verfügung
stehenden Zeit sprengen würden.
Diese sind im Grunde aber absolut notwendig,
um die Existenz des Museums dauerhaft zu sichern und die Potenziale eines
Stadtarchivs voll auszuschöpfen.
Um dies zu veranschaulichen, soll zunächst
noch einmal auf die grundsätzliche Bedeutung eines kommunalen Archivs bzw.
Museums für eine Kommune eingegangen und dann die konkreten Herausforderungen
dargelegt werden.
Kommunalarchive und Heimatmuseen
tragen durch Bildungsarbeit dazu bei, das unverwechselbare, historisch
gewachsene Profil einer Kommune bewusst zu machen, zu schärfen und nachhaltig
zu vermitteln. Dadurch wird das Archiv bzw. das Museum zum historischen
Kompetenzzentrum seiner Kommune. Die Vermittlung von lokalgeschichtlichen
Inhalten wirkt identitätsstiftend für
das Gemeinwesen. Sie stärkt Demokratie und Demokratieverständnis durch
Offenlegung von historischen Fakten und Entscheidungsprozessen in Gesellschaft
und Verwaltung.
Kommunalarchive und Heimatmuseen
leisten mit ihren Beständen und Angeboten zur Vermittlung von lokaler
Geschichte einen unverzichtbaren Beitrag zur Steigerung der Standortqualität einer Kommune. Sie
tragen dazu bei, dass aus dem Wohnsitz der Menschen ihre Heimat wird, mit der
sie sich identifizieren. Kulturelle, soziale, wissenschaftliche und
wirtschaftliche Traditionen sind neben aktuell diskutierten Standortfaktoren
Elemente, die für die Wirtschaftsförderung immer größere Bedeutung erlangen.
Investoren mit mittel- und langfristigen Interessen werden auf diese Qualitäten
der jeweiligen Region aufmerksam gemacht. Die Darstellung der lokalen
Geschichte unterstützt den Tourismus. Es gibt keinen Stadtrundgang ohne
historischen Kontext. Das Kommunalarchiv und das Heimatmuseum weisen mit seiner
historischen Bildungsarbeit den Weg. Eine geschichtslose Stadt ist eine
gesichtslose Stadt. Das Kommunalarchiv trägt dazu bei, dem sichtbaren Bild
einer Kommune Tiefenschärfe durch Informationen, Ausstellungen, Publikationen
und Veranstaltungen zu geben. Eine Verwaltung, deren Einrichtungen ein breites
Spektrum an historischer Bildungsarbeit anbieten, kann sich im Wettbewerb der Kommunen als
dienstleistungsorientierte Einrichtung besser
positionieren.
Zur Stadtentwicklung gehört
lokale Geschichte als „weicher
Standortfaktor“. Um eine Kommune in ihrer historisch gewachsenen Vielfalt
verstehen und ihre Zukunft gestalten zu können, bedarf es der fundierten
Kenntnis und Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit. Das Kommunalarchiv und
das Heimatmuseum vermitteln im Rahmen ihrer historischen Bildungsarbeit diese
Kenntnisse. Es ist Aufgabe einer Kommune, durch historische Bildungsarbeit den
Bürgerinnen und Bürgern ein wissenschaftlich abgesichertes Bild der
Vergangenheit bereit zu stellen, um verzerrte oder lückenhafte Geschichtsbilder
zu verhindern bzw. abzubauen. Der Blick auf das historische Erbe einer Kommune
ist nicht statisch, sondern in höchstem Maße dynamisch. Denn jede Generation
sieht aus dem jeweiligen zeithistorischen Kontext sowie auf dem Hintergrund der
eigenen Lebenserfahrung neu und anders auf die Geschichte sowie ihre Zeugnisse.
Die Stadtentwicklung bedarf deshalb der Unterstützung, das aktuelle
Geschichtsbild in ihren Strategien zu berücksichtigen. Für diese Aufgabe ist
das Kommunalarchiv aufgrund seiner Quellen nach Empfehlung der Bundeskonferenz
der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag der kompetenteste Ansprechpartner.
Denn ohne das Archiv als Gedächtnis der
Kommune gibt es keine Vermittlung ihrer Geschichte. Ohne Stadtgeschichte
gibt es kein qualifiziertes Stadtmarketing, keine nachhaltige Stadtentwicklung.
Mit Historischer Bildungsarbeit öffnen das Kommunalarchiv und das
Heimatmuseum Schulen, Vereinen und allgemeinen Bildungseinrichtungen (z.B. VHS)
die Tür zur Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit. Die Vermittlung von
Kenntnissen über das „Woher“ beginnt bei Kindern. Ihre Neugier findet in der
Lokalgeschichte ein reiches Feld. Die Angebote der Kommunalarchive sind für die
Bildungseinrichtungen von besonderer Bedeutung. Die Kenntnis der Geschichte vor
Ort motiviert zur Beschäftigung mit Geschichte überhaupt. Das Entdecken und
Erforschen des eigenen Lebensumfeldes in seinen historischen Dimensionen trägt
gerade in Zeiten großer (Berufs-)Mobilität bei allen Generationen zur
Identitätsfindung und zu verantwortlichem Handeln bei. Durch den Umgang mit
unterschiedlichen und vielfältigen Quellen wird im Kommunalarchiv
Medienkompetenz ausgebildet und gefördert. Deshalb sind der „Lernort Archiv“
und die Arbeit mit Archivalien in Richtlinien und Lehrplänen für Schulen
inzwischen verankert. Historische Bildungsarbeit mit Schulen und
Weiterbildungseinrichtungen wird projektorientiert durchgeführt. Projektarbeit
bedeutet selbstständiges und qualifiziertes Arbeiten. Sie fördert dadurch die
Lernbereitschaft und trägt zur Anhebung des Lernniveaus bei.
Insgesamt kann daher
festgestellt werden, dass Kommunalarchive und Heimatmuseen Gedächtnisse und historische Wissensspeicher einer Kommune sind.
Ihre Historische Bildungsarbeit ist für die Zukunft der Kommunen von
grundlegender Bedeutung. Die Öffentlichkeitsarbeit eines Archivs/ Museums muss
die historische Bildungsarbeit wie die anderen Aufgaben nach außen vermitteln.
Investitionen in die historische Bildungsarbeit ermöglichen diesen
Einrichtungen, als ein Garant des kommunalen Selbstverständnisses zu wirken und
zur Steigerung der Attraktivität einer Kommune sowie zu ihrer Entwicklung
beizutragen. Auch Herr Axel Kahrs hat im Rahmen seines spannenden Vortrages bei
der vergangenen Kartoffelstippe auf die diesbezüglichen Potenziale der Stadt
Dannenberg (Elbe) hingewiesen, die nur aufgegriffen werden müssten.
Um dem Rechnung zu tragen,
benötigt die Verwaltung aber Zeit und damit einhergehend Stellenanteile.
Insbesondere Museen
können in heutiger Zeit nicht mehr aus sich heraus mit einer über Jahre
gleichbleibenden Dauerausstellung bestehen.
Wie aus der Anlage
zu entnehmen ist, sind insbesondere die heimatkundlichen Museen stark davon
abhängig, dass der Museumsbesuch durch Sonderausstellungen,
Sonderveranstaltungen, gute Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik etc.
interessant gestaltet wird.
Eine ständige Fortentwicklung
ist notwendig um Besucherinnen und Besucher in die Häuser zu locken. Das
geschieht mit großem finanziellem Aufwand an allen großen Museen, entsprechend
heruntergebrochen auf unsere bescheidenen Möglichkeiten müssen auch die kleinen
Museen sich darum bemühen.
Neben der ständigen
konzeptionellen Weiterentwicklung muss die Organisation diverser Angebote für
alle relevanten Zielgruppen, vom Kindergarten bis zu Seniorinnen und Senioren,
notwendiger Bestandteil der Arbeit sein. Die Präsenz in den sozialen Netzwerken
darf nicht unterschätzt werden.
Die Besucherzahlen
im Waldemarturm stagnieren auf relativ niedrigem Niveau. Um das Museum zu
beleben wäre ein größerer zeitlicher Einsatz notwendig um, nicht nur einmalig,
sondern kontinuierlich das Museum mit neuen Ideen zu beleben. Ansätze dafür
sind da. Museumspädagogische Programme sind erarbeitet, müssen aber auch
durchgeführt werden. Neue Projekte (siehe das vergangene Prochaska-Projekt)
erfordern einen hohen Zeitaufwand und konnten in der Vergangenheit nur durch
Freistellung von anderen Aufgaben (zum Beispiel Gremiendienst) durchgeführt
werden. Noch ist die Dauerausstellung in einem akzeptablen Zustand, muss aber
aktualisiert werden. Besucherfreundliche und ggf. interaktive Elemente können
mit der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erarbeitet werden.
An eine
Registrierung als zertifiziertes Museum des Museumsverbands Niedersachsen und
Bremen, wie sie das AZH und das Alte Zollhaus angestrebt haben, und die
möglicherweise in Zukunft über die Vergabe von Fördermitteln mit entscheidet,
ist nicht zu denken.
Es wird
daher vorgeschlagen, den momentan für diese Aufgaben bestehenden Stellenanteil
von 0,5 auf mind. 0,75 zu erhöhen. Da die Stelleninhaberin momentan eine ganze
Stelle besetzt, müsste sich der Stellenanteil für die Wahrnehmung der
Gremiendienstarbeit entsprechend reduzieren.
Durch die oben dargelegte
Verschiebung der Stellenanteile ist eine Neubewertung der Stelle erforderlich,
da die einzelnen Arbeitsvorgänge (Gremiendienst, Archivangelegenheiten und Museumsangelegenheiten
eine unterschiedliche Wertigkeit haben. So sind die Tätigkeiten der
Museumsangelegenheiten mit den Merkmalen „gründliche, umfassende
Fachkenntnisse“ und „besonders verantwortungsvolle Tätigkeit“ bewertet und
damit dem ehemaligen gehobenen Dienst zugeordnet. Die Stelle mit dem neuen
Zuschnitt wäre mithin nach Entgeltgruppe 9 c (momentan 8) zu bewerten.
Die finanziellen Auswirkungen
der oben genannten Maßnahmen stellen sich wie folgt dar:
Finanzielle Auswirkungen bisher:
Entgelt-gruppe |
Monatliches Brutto inkl. Soz.Vers.
und VBL |
Erstattung Samtgemeinde (50 %) |
Jahressonderzahlung |
Erstattung Jahressonderzahlung
durch SG (50 %) |
8, Stufe 5 |
Ca.4.018 Euro |
Ca. 2.009 Euro |
2.734,56 Euro |
1.367,28 Euro |
Eingruppierung neu :
Entgelt-gruppe |
Monatliches Brutto inkl. Soz.Vers.
und VBL |
Erstattung Samtgemeinde (25 %) |
Jahressonderzahlung |
Erstattung Jahressonderzahlung
durch SG (25 %) |
9 c Stufe 3 |
Ca. 4.551,40 Euro |
Ca. 1.137,85 Euro |
2.554,82 Euro |
638,70 Euro |
Kosten pro Jahr alt (Erstattungen durch Samtgemeinde bereits
abgezogen)
25.476,28 Euro
Kosten pro Jahr neu (Erstattungen durch Samtgemeinde bereits
abgezogen)
42.878,78 Euro
Differenz:
17.402,50 Euro
Beschlussvorschlag der Verwaltung:
a) Der Stellenanteil für die Bearbeitung der
Archiv-und Museumsangelegenheiten wird von 0,5 auf 0,75 erhöht.
b) Die Höhergruppierung der gesamten Stelle
(inkl. 25 % Stellenanteil für den Gremiendienst) von Entgeltgruppe 8 auf
Entgeltgruppe 9c wird festgestellt.
Rh Behning fragt,
ob diese Stelle bereits im Haushaltsplan für 2017 berücksichtigt worden ist und
ob es sich um eine freiwillige Ausgabe handelt. Herr Kern beantwortet beide
Fragen mit „Ja“. Außerdem äußert Rh Behning seine Ansicht, dass Archiv- und Museumsarbeit
sehr wichtig ist und dass sich auch um die Digitalisierung gekümmert werden
sollte.
Zwiegespaltener
Meinung ist Rh Schultz. Das Archiv ist sehr wichtig, jedoch ist der Mehraufwand
hier sehr groß. Er wirft die Frage auf, wie groß der Einfluss wirklich ist und
ob sich der Aufwand tatsächlich lohne. Gemessen am städtischen Aufgabenbereich
habe das Archiv wohl eher eine untergeordnete Bedeutung.
Auch mit einer
vollen Kraft könne eine Zertifizierung nicht erreicht werden, fügt Rh Schultz
hinzu.
Außerdem könnte das
Bauamt mit der Aktualisierung der Ausstellung im Waldemarturm beauftragt
werden; seiner Meinung nach wird dafür keine hauptamtliche Kraft benötigt.
Es wäre gut, wenn
sich ein Ehrenamtlicher finden würde, der die Aufgaben gegen eine Aufwandsentschädigung
wahrnimmt.
Auch Rh Brüggemann
äußert seine Meinung, dass er die Mehrkosten für zu hoch ansieht.
Rh Hanke hätte
gerne konkrete Zahlen, wie viele Schulen bzw. Schüler das Archiv im Jahr 2016
tatsächlich genutzt haben und wie die Museen in Lüchow und Hitzacker die Kosten
regeln. Er schätzt die Arbeit von Frau Götting-Nilius sehr, jedoch sind die
Mehrkosten auch ihm zu hoch.
Er bittet um eine
Auflistung zur nächsten Ausschusssitzung.
Rh Block möchte
wissen, wie hoch der Anteil der freiwilligen Leistungen im Haushalt ist.
Die Stadt
Dannenberg (Elbe) stellt kein Haushalts-Sicherungskonzept auf und hat somit
keine Zahlen über freiwillige Leistungen, berichtet Herr Kern. 200.000,00 €
wären jedoch keine abwegige Summe.
Wo die Mehrkosten
im Haushaltsplanentwurf wieder zu finden sind, fragt Rh Brüggemann.
Herr Kern
informiert, dass der Gremiendienst zu der Samtgemeinde gehört. Unter dem
Produkt „Gemeindeorgane“ ist jedoch zu sehen, dass die Personalaufwendungen
sinken.
Rh Behning schlägt
vor, diesen TOP auf die nächste Sitzung dieses Fachausschusses zu vertagen,
damit sich in den Fraktionen beraten werden kann, falls eine Entscheidung nicht
dringend notwendig ist.
Der Ausschuss
stimmt über eine Vertagung ab.
Der TOP wird
vertagt.