Sitzung: 10.12.2015 Rat der Stadt Dannenberg (Elbe)
Beschluss: Mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 12, Nein: 9
Vorlage: 01/0521/2015
Rh Herzog führt die
Begründung des Antrages aus:
Die bisherigen
Verhandlungen zu den genannten
Freihandelsabkommen unter weitgehendem Ausschluss
der Öffentlichkeit
haben zu Recht Misstrauen
hervorgerufen und zu weitreichenden
Protesten der
demokratischen Öffentlichkeit in Europa geführt, Unter der Flagge von Handelserleichterungen und wirtschaftlichem Aufschwung werden Angriffe auf demokratische
Rechte von europäischen Staaten
allzu leichtfertig
hinweggewischt. Die Gefahren für das
Subsidiaritätsprinzip und die Organisationshoheit unserer Kommunen werden erst
langsam
einer breiteren Öffentlichkeit bewusst. Die geplanten
und bereits verhandelten Freihandels-
und Dienstleistungsabkommen
TTIP, CETA und TISA können
weitreichende Auswirkungen auf die kommunale
Daseinsvorsorge und damit den Kernbereich
kommunaler Selbstverwaltung haben.
Dennoch werden sämtliche Verhandlungen
ohne Einbeziehung
der Vertreterlnnen der kommunalen Ebene und ohne jegliche Öffentlichkeit geführt.
Bundesländer und vor
allem Kommunen werden in ihrem politischen
Gestaltungsspielraum durch diese Abkommen erheblich eingeschränkt: die Vergabe von
Aufträgen und Subventionen, die
Erteilung von
Bau- und
Betriebsgenehmigungen oder Vorhaben zur Rekommunalisierung
sind nun Regelungsgegenstand
eines internationalen Abkommens und nicht mehr
nur Teil einer eigenständigen
Kommunalpolitik. Eine
selbstständige Entscheidung in diesen wesentlichen
Bereichen
der Kommunalpolitik kann zu teuren und langwierigen Gerichtsverfahren
führen. Die Entscheidung
einer Kommune, Dienstleistungen zu kommunalisieren, soll
zukünftig gänzlich unmöglich sein.
Die kommunalen
Spitzenverbände Deutscher Städtetag,
Deutscher Landkreistag
und Deutscher
Städte- und Gemeindebund sowie der Verband kommunaler Unternehmen
haben in einem
gemeinsamen Positionspapier verdeutlicht, dass
die transatlantische
Handels- und lnvestitionspartnerschaft (TTIP) sowie weitere Freihandelsabkommen
erhebliche Risiken
für die Daseinsvorsorge
bringen könnten. Sie fordern, dass so genannte Marktzugangsverpflichtungen
im TTIP (und allen weiteren
Freihandelsabkommen) nicht auf die kommunale Daseinsvorsorge angewendet dürfen werden. Die kommunalen
Spitzenverbände fordern
ebenfalls, die kommunale Ebene
und die Erbringer öffentlicher
Dienstleistungen in die bei der EU-Kommission bestehenden Beratergruppen
einzubinden.
Rh Herzog ergänzt, dass Rekommunalisierungsverfahren
vor Ort konkret am Beispiel der EVE zu ersehen sind, künftig aber
ausgeschlossen sein würden, wenn die Einflussnahme der Kommunen ausgehebelt
werde.
Der Appell dieses zu verhindern richte sich auch
direkt an die Bundesregierung, mit der Aufforderung sich gegen die genannten
Freihandelsabkommen auszusprechen.
Rf Ramm führt aus, dass die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen den Antrag unterstützt. Sie sieht Umwelt und Verbraucherstandards in
Frage gestellt und kritisiert vor allem das intransparente Verfahren.
Rh Behning beantragt für die CDU-Fraktion getrennte
Abstimmung der Unterpunkte A) und B). die Fraktion werde sich der Aufforderung
die Abkommen abzulehnen nicht anschließen.
Stv. Bgm Schwidder führt an, dass sich auch der
Europaabgeordnete Bernd Lange kritisch zu TTIP geäußert habe. Es sei positiv zu
bewerten, dass der Rat seine Überzeugungen nach außen trage. Die SPD-Fraktion
unterstütze deshalb den Antrag.
Stv. Bgm Hanke schließt sich für die UWG-Fraktion an.
Rh Fathmann führt aus, dass er die Bedenken der
Spitzenverbände teilt, nicht aber die Ablehnung insgesamt. Deutschland sei
einer der Profiteure der Freihandelsabkommen und international besetzter
Gerichte. Die europaweite Vergabe sei bereits Realität, er fürchte keine
Verschlimmerung der Situation.
Der Antrag auf getrennte Abstimmung der Unterpunkte
wird angenommen.
Der Rat fasst folgenden
Einstimmig
Ja 21
Beschluss:
A)
Die Stadt Dannenberg teilt die Sorge der deutschen kommunalen
Spitzenverbände, dass die bereitsverhandelten oder sich in Verhandlung
befindenden Freihandelsabkommen eine Bedrohung
der
kommunalen Selbstverwaltung und der kommunalen Daseinsvorsorge
darstellen.
Die Stadt Dannenberg appelliert deshalb an
- die Kommission der
Europäischen Union
- das
Parlament der Europäischen Union
- die Bundesregierung
- die Landesregierung
sich im Zuge der Verhandlungen um das Transatlantische
Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) und des internationalen
Dienstleistungsabkommens "Trade in Services Agreement"
(TISA) sowie
auch beim
bereits verhandelten Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) uneingeschränkt
für die
kommunale Selbstverwaltung, den Schutz
und Fortbestand der kommunalen Daseinsvorsorge und der kommunalen Kultur- und Bildungspolitik einzusetzen.
Insbesondere spricht
sich die
Stadt Dannenberg dafür aus, dass
- die Verhandlungen der genannten Freihandelsabkommen mit
größtmöglicher Transparenz
und
Öffentlichkeit
geführt werden
- die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge und der
kommunalen Infrastruktur nicht
eingeschränkt werden darf, auch nicht durch die Verwendung
sogenannter
Negativlisten, sowie Spielräume für eine Auftragsvergabe nach
sozialen, ökologischen und regionalen
Kriterien nicht verringert werden dürfen,
- Sozial- und Umweltstandards
und politische
Gestaltungsmöglichkeiten nicht durch lnvestor-Staats-Schiedsgerichtsverfahren
außerhalb der bestehenden
Gerichtsbarkeit gefährdet werden dürfen.
B)
Die Stadt Dannenberg erkennt
keine Möglichkeiten,
oben genannte
Forderungen innerhalb der
TTIP-, TISA-,oder
CETA-Verhandlungsrunden umzusetzen. Deshalb wird die Bundesregierung von
der Stadt Dannenberg aufgefordert, sich
gegen die transatlantischen
Freihandelsabkommen zwischen
der EU und Kanada und den USA auszusprechen.