Beschluss: Geändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 7, Nein: 0, Enthaltungen: 2

Beschlussvorschlag Vorlage :

Die Satzung der Gemeinde Jameln über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wird nicht aufgehoben, da sie zur Finanzierung der gemeindlichen Straßenbautätigkeit unverzichtbar ist.

 

Rh Koopmann erläutert seinen Antrag. Von mehreren Einwohnern der Gemeinde wurde ihm erklärt, dass die Straßenausbaubeiträge als „Abzocke“ gesehen werden. Ausgelöst wurde die Diskussion durch die Berichterstattung in den Medien. Erhebung von Steuern sollte vertretbar und geboten sein, was aus seiner Sicht hier nicht der Fall ist. Außerdem ist die Erhebung nicht zwingend erforderlich. Deshalb beantragt er die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung.
Für einige Einwohner sind die Straßenausbaubeiträge unzumutbar hoch und würden auch die Existenz kleiner landwirtschaftlicher Betriebe bedrohen. Er zitiert aus einem Artikel der HAZ vom 11.11.2015, dass künftig die Einwohner aus einem größeren Umkreis zur Zahlung der Beiträge für den Straßenausbau herangezogen werden können und die Einmalzahlung durch wiederkehrende Beiträge ersetzt werden kann. Eine Berechnung soll künftig auch nach Stockwerken der Gebäude statt nach Fläche der Grundstücke möglich sein.

 

Rh Grunzke unterstützt den Antrag. Er hält die Erhebung der Beiträge für ungerecht und unsozial. Diejenigen die eine lange Front an der Straße haben, müssen höhere Beiträge zahlen als andere, deren Grundstück nur wenige Meter an der Straße liegt. Diese Anwohner nutzen die Straße aber genauso, wie auch die anderen Einwohner des Dorfes.

 

Herr Maatsch erläutert folgenden Sachverhalt:

Zur Finanzierung von Straßenbaumaßnahmen an Gemeindestraßen haben Gemeinden, soweit vertretbar und geboten, spezielle Entgelte zu erheben oder Steuermittel einzusetzen. Eine Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen besteht nicht (§ 111 Abs. 5 NKomVG).

Für die erstmalige Herstellung von Gemeindestraßen mit Erschließungsfunktion (beplanter u. unbeplanter Innenbereich) sind kraft gesetzlicher Anordnung Erschließungsbeiträge zu erheben. Für die spätere Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung von Gemeindestraßen können bei Vorhandensein einer StrABS Ausbaubeiträge erhoben werden. Die Gemeinde Jameln verfügt seit dem 2.12.1987 über eine StrABS. Die augenblickliche StrABS datiert vom 29.9.1993 in Fassung der 2. Änderung vom 12.10.1999. Sie ist nicht mehr auf aktuellem Rechtsstand und bedarf einer Neufassung.

 

Gegner dieser öffentlichen Abgabe behaupten regelmäßig, die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sei ungerecht und angeblich nicht zulässig. Die dahinterstehenden Motive sind relativ einfach erkennbar, denn die meist beträchtlichen Ausbaukosten sind oft von einer überschaubaren Anzahl von Anliegern zu tragen, wodurch die Einzelbeträge eine empfindliche Höhe erreichen können. Stimmen der Kritiker verlangen daher in der Regel, diese Kosten aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu bestreiten. Bei ansonsten ausgeglichenem Haushaltsbudget müssten die erforderlichen Straßenbaukosten somit über Steuern beschafft werden.

 

Die Behauptung, Straßenausbaubeiträge seien unzulässig, ist unzutreffend. Von der Rechtsprechung ist deren Rechtmäßigkeit seit ihrer Einführung anerkannt. Erst kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht eine gegen sie gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Auch die Behauptung, weil Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung anfielen, seien für Erneuerung, Verbesserung und Erweiterung weitere Beiträge ausgeschlossen, ist unzutreffend. Es ist hierfür kein sachlich einleuchtender Grund erkennbar, denn z.B. ist die Lebensdauer von Straßen nicht unbegrenzt oder sie müssen an veränderte Bedürfnisse angepasst werden. Straßenanlieger sind Nutznießer nicht nur von der Herstellung sondern mehr oder minder auch von grundlegender Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung. Daraus folgt die logische Konsequenz, die Anlieger nicht nur an den Kosten der Herstellung zu beteiligen.

 

Nutznießer einer Straßenbaumaßnahme sind in erster Linie die dortigen Anlieger. Der Grad des Sondervorteils wird gegenüber dem Vorteil der übrigen Straßennutzer (Allgemeinanteil) durch prozentuale Abstufung der Beitragsanteile angemessen berücksichtigt.

„Ungerecht“ im rechtlichen Sinne wäre somit eine Steuerfinanzierung, weil hierbei das Verursacherprinzip (Äquivalenz) missachtet würde. Die Finanzierungsprinzipien für kommunale Leistungen fordern unverändert, dass die den Einzelnen besonders zugute kommenden Leistungen nicht aus allgemeinen Deckungsmitteln (Steuern) sondern vorrangig aus speziellen Entgelten zu beschaffen sind.

 

Von den Gegnern der Beitragsfinanzierung wird auch vorgetragen, die Bemessung der Umlageanteile nach der Grundstücksgröße sei unangemessen. Die Berechnung erfolgt seit Langem nicht mehr nach Frontmetern, weil dieser Wert eher Zufälligkeiten abbildet und über den Nutzungsumfang nichts aussagt.

Der ständig fortentwickelte und inzwischen übliche Vollgeschossmaßstab legt als Ausgangswert die Grundstücksgröße zugrunde und ermöglicht anhand von Nutzungsfaktoren eine angemessene Vorteilsbemessung.

Im Falle der Aufhebung der StrABS würden künftig die Anlieger gegenüber denjenigen der bisher umlagepflichtigen  Ausbaumaßnahmen bevorteilt. Es ist zu befürchten, dass durch dieses Umschwenken das Vertrauen in die Kontinuität der gemeindlichen Finanzwirtschaft erheblich beeinträchtigt und außerdem innergemeindlich eine Zwei-Klassen-Mentalität entstehen würde.

 

Die Gemeinde würde durch einen Verzicht auf Straßenausbaubeiträge eine  wirkungsvolle und angemessene Finanzierungsgrundlage für Straßenbaumaßnahmen aufgeben und dadurch Finanzierungsmöglichkeiten für andere Investitionen deutlich reduzieren.

Von der Verwaltung wird deswegen empfohlen, die StrABS nicht aufzuheben sondern zeitnah durch eine Neufassung zu ersetzen.

 

Finanzielle Auswirkungen bei Beschlussfassung gemäß Vorlage :

·         Erhaltung der Investitionsfähigkeit

Die Neufassung der zzt. vorliegenden Satzung mit dem aktuellen Rechtsstand sollte erfolgen, bevor ein Straßenausbau in der Gemeinde geplant wird. Es sind keine gravierenden Änderungen einzuarbeiten. Die Beitragssätze ändern sich nicht. Die Verteilung unter den Anliegern ändert sich geringfügig, hat aber kaum finanzielle Auswirkungen auf die Höhe der Beiträge.

Die Beitragserhebungen für bisherige Maßnahmen aufgrund der vorliegenden Satzung sind rechtmäßig erfolgt. Wenn die Satzung mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden sollte, bestünde kein Anspruch von Anwohnern auf Erstattung der bereits gezahlten Beiträge.

Der geänderte Entwurf des Kommunalabgabengesetzes, u. a. mit der Möglichkeit der Erhebung wiederkehrender Beiträge zum Straßenausbau, befindet sich zzt. in der Anhörung bei den Kommunalen Spitzenverbänden. Geplant ist auch, dass die Beiträge nicht nur von Anwohnern einer Straße sondern von allen Einwohnern eines Stadtteils oder Ortsteils erhoben werden können. Voraussichtlich wird das Gesetz Mitte 2016 in Kraft treten. Danach kann über das weitere Verfahren in den Gemeinden entschieden werden.

 

Rh Rehbein erläutert, dass ein Großteil der niedersächsischen Gebietskörperschaften Straßenausbaubeiträge aufgrund einer entsprechenden Satzung erhebt. Gerechtigkeit bei der Erhebung von Abgaben ist kaum möglich. So müssen z.B. in Neubaugebieten Erschließungsbeiträge gezahlt werden, die es früher nicht gab. Straßenausbaubeiträge wurden in der Gemeinde Jameln bisher nur bei der Dorferneuerung erhoben. Die Gemeinde hat immer versucht die Straßen durch rechtzeitige Reparaturmaßnahmen zu erhalten. Wiederkehrende Beiträge zum Straßenausbau würde er begrüßen, da dann auch die Zahlungspflicht vom bisherigen Eigentümer an den Käufer eines Grundstückes übergehen würde.
Rh Rehbein stellt folgenden Antrag zur Beschlussfassung:

  1. Die Satzung der Gemeinde Jameln über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wird vorerst nicht aufgehoben, da sie zur Finanzierung der gemeindlichen Straßenbautätigkeit unverzichtbar ist.
  2. Die Straßenausbaubeitragssatzung ist zeitnah durch eine Neufassung mit dem aktuellen Rechtsstand zu ersetzen.
  3. Nach Inkrafttreten des geänderten Kommunalabgabengesetzes legt die Verwaltung dem Gemeinderat einen aktualisierten Satzungsentwurf mit Vorschlägen zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zur Information vor.

 

Rh Koopmann ergänzt zu seinem Antrag, dass die Bürger bereits diverse Steuern zahlen müssen,  die laut Gesetzestext zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Infrastruktur vorgesehen sind. Hier sollte geprüft werden, ob Teile der Steuergelder von Bund und Land an die Kommunen zurückfließen können. Wenn Finanzierung des Straßenausbaus nicht über die Grundsteuer möglich ist, stellt sich die Frage, warum die Grundsteuer A vor Jahren erhöht wurde um auch Straßenausbau zu finanzieren.

 

Bgm Sperling erklärt, dass die Erhöhung der Grundsteuersätze Vorgabe der Kommunalaufsicht war.

Stellv. Bgm Hinkelmann ergänzt, dass mit dem Geld keine gewidmeten Wege sondern u. a. Wirtschaftswege ausgebaut wurden.

 

Auf Anfrage von Rf Gröning erläutert Herr Maatsch, dass die wiederkehrenden Beiträge erst nach Vorlage der konkreten Planungen, welche Straßen ausgebaut werden sollen, und einer detaillierten Kostenkalkulation berechnet werden können. Wenn eine Straße zum Ausbau ansteht, wird sie von der Samtgemeinde entsprechend der Satzung in eine von 3 Gruppen eingestuft.


Auf Anfrage von Rh Koopmann erklärt Herr Maatsch, dass ein Ausbau einer Gemeindestraße durch Privatpersonen rechtlich nicht zulässig ist.

 

Herr Maatsch erläutert, dass die Aktualisierung der bestehenden Satzung auf den aktuellen Rechtsstand momentan nicht erforderlich ist. Wenn es konkrete Planungen zum Ausbau einer Straße gibt, kann die Satzung kurzfristig durch Ratsbeschluss geändert werden und umgehend nach Veröffentlichung in Kraft treten. So würden jetzt keine Kosten für die Veröffentlichung anfallen.
Genauso ist auch eine Aufhebung jederzeit möglich.
Ein Muster einer Satzung mit dem aktuellen Rechtsstand wird an die Ratsmitglieder verteilt.

 

Rh Rehbein ändert seinen Antrag dahingehend,
dass die bestehende Satzung erst dann gem. aktuellem Rechtsstand aktualisiert werden soll, wenn konkrete Straßenausbaumaßnahmen geplant sind.
Ggf. erübrigt sich das, wenn vorher das neue Kommunalabgabengesetz in Kraft tritt.

 

Rf Gröning stimmt dem zu und spricht sich dafür aus, dass eine Änderung erst erfolgen soll, wenn ein Straßenausbau geplant ist.

 

Bgm Sperling erläutert, dass die Straßenausbaubeitragssatzung einst aufgrund der sehr schlechten finanziellen Situation der Gemeinde erlassen wurde. Um die Genehmigung des Haushaltsplanes durch die Kommunalaufsicht zu erhalten, wurde die Erhebung der Beiträge ins Haushaltssicherungskonzept aufgenommen. Die finanzielle Situation der Gemeinde hat sich durch sparsame Haushaltführung und in den letzten Jahren durch den Verkauf der Grundstücke in den Neubaugebieten verbessert. Für die Umrüstung auf LED-Beleuchtung wurden auch keine Beiträge erhoben. Er und der Gemeinderat versuchen immer Beschlüsse zum Wohl aller Einwohner der Gemeinde zu fassen.

Nach weiterer Aussprache fasst der Gemeinderat Jameln folgenden

 

 

 

 

 


Beschluss:

1.       Die Satzung der Gemeinde Jameln über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wird vorerst nicht aufgehoben, da sie zur Finanzierung der gemeindlichen Straßenbautätigkeit unverzichtbar ist.

2.       Die bestehende Straßenausbaubeitragssatzung ist vor einer Straßenausbaumaßnahme durch eine Neufassung mit dem aktuellen Rechtsstand zu ersetzen.

3.       Nach Inkrafttreten des geänderten Kommunalabgabengesetzes legt die Verwaltung dem Gemeinderat einen aktualisierten Satzungsentwurf mit Vorschlägen zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen zur Information vor.