Sitzung: 02.12.2015 Rat der Gemeinde Jameln
Beschluss: Geändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 7, Nein: 0, Enthaltungen: 2
Vorlage: 22/0446/2015
Beschlussvorschlag
Vorlage :
Die Satzung der
Gemeinde Jameln über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wird nicht
aufgehoben, da sie zur Finanzierung der gemeindlichen Straßenbautätigkeit
unverzichtbar ist.
Rh Koopmann erläutert seinen Antrag. Von
mehreren Einwohnern der Gemeinde wurde ihm erklärt, dass die
Straßenausbaubeiträge als „Abzocke“ gesehen werden. Ausgelöst wurde die
Diskussion durch die Berichterstattung in den Medien. Erhebung von Steuern
sollte vertretbar und geboten sein, was aus seiner Sicht hier nicht der Fall
ist. Außerdem ist die Erhebung nicht zwingend erforderlich. Deshalb beantragt
er die Aufhebung der Straßenausbaubeitragssatzung.
Für einige Einwohner sind die Straßenausbaubeiträge unzumutbar hoch und würden
auch die Existenz kleiner landwirtschaftlicher Betriebe bedrohen. Er zitiert
aus einem Artikel der HAZ vom 11.11.2015, dass künftig die Einwohner aus einem
größeren Umkreis zur Zahlung der Beiträge für den Straßenausbau herangezogen
werden können und die Einmalzahlung durch wiederkehrende Beiträge ersetzt
werden kann. Eine Berechnung soll künftig auch nach Stockwerken der Gebäude
statt nach Fläche der Grundstücke möglich sein.
Rh Grunzke unterstützt den Antrag. Er hält
die Erhebung der Beiträge für ungerecht und unsozial. Diejenigen die eine lange
Front an der Straße haben, müssen höhere Beiträge zahlen als andere, deren
Grundstück nur wenige Meter an der Straße liegt. Diese Anwohner nutzen die
Straße aber genauso, wie auch die anderen Einwohner des Dorfes.
Herr Maatsch
erläutert folgenden Sachverhalt:
Zur Finanzierung
von Straßenbaumaßnahmen an Gemeindestraßen haben Gemeinden, soweit vertretbar
und geboten, spezielle Entgelte zu erheben oder Steuermittel einzusetzen. Eine
Rechtspflicht zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen besteht nicht (§ 111 Abs.
5 NKomVG).
Für die erstmalige
Herstellung von Gemeindestraßen mit Erschließungsfunktion (beplanter u.
unbeplanter Innenbereich) sind kraft gesetzlicher Anordnung
Erschließungsbeiträge zu erheben. Für die spätere Erweiterung, Verbesserung und
Erneuerung von Gemeindestraßen können bei Vorhandensein einer StrABS
Ausbaubeiträge erhoben werden. Die Gemeinde Jameln verfügt seit dem 2.12.1987
über eine StrABS. Die augenblickliche StrABS datiert vom 29.9.1993 in Fassung
der 2. Änderung vom 12.10.1999. Sie ist nicht mehr auf aktuellem Rechtsstand
und bedarf einer Neufassung.
Gegner dieser öffentlichen
Abgabe behaupten regelmäßig, die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sei
ungerecht und angeblich nicht zulässig. Die dahinterstehenden Motive sind
relativ einfach erkennbar, denn die meist beträchtlichen Ausbaukosten sind oft
von einer überschaubaren Anzahl von Anliegern zu tragen, wodurch die
Einzelbeträge eine empfindliche Höhe erreichen können. Stimmen der Kritiker
verlangen daher in der Regel, diese Kosten aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu
bestreiten. Bei ansonsten ausgeglichenem Haushaltsbudget müssten die
erforderlichen Straßenbaukosten somit über Steuern beschafft werden.
Die Behauptung,
Straßenausbaubeiträge seien unzulässig, ist unzutreffend. Von der
Rechtsprechung ist deren Rechtmäßigkeit seit ihrer Einführung anerkannt. Erst
kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht eine gegen sie gerichtete
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Auch die
Behauptung, weil Erschließungsbeiträge für die erstmalige Herstellung anfielen,
seien für Erneuerung, Verbesserung und Erweiterung weitere Beiträge
ausgeschlossen, ist unzutreffend. Es ist hierfür kein sachlich einleuchtender
Grund erkennbar, denn z.B. ist die Lebensdauer von Straßen nicht unbegrenzt
oder sie müssen an veränderte Bedürfnisse angepasst werden. Straßenanlieger
sind Nutznießer nicht nur von der Herstellung sondern mehr oder minder auch von
grundlegender Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung. Daraus folgt die
logische Konsequenz, die Anlieger nicht nur an den Kosten der Herstellung zu
beteiligen.
Nutznießer einer
Straßenbaumaßnahme sind in erster Linie die dortigen Anlieger. Der Grad des
Sondervorteils wird gegenüber dem Vorteil der übrigen Straßennutzer
(Allgemeinanteil) durch prozentuale Abstufung der Beitragsanteile angemessen
berücksichtigt.
„Ungerecht“ im
rechtlichen Sinne wäre somit eine Steuerfinanzierung, weil hierbei das
Verursacherprinzip (Äquivalenz) missachtet würde. Die Finanzierungsprinzipien
für kommunale Leistungen fordern unverändert, dass die den Einzelnen besonders
zugute kommenden Leistungen nicht aus allgemeinen Deckungsmitteln (Steuern)
sondern vorrangig aus speziellen Entgelten zu beschaffen sind.
Von den Gegnern der
Beitragsfinanzierung wird auch vorgetragen, die Bemessung der Umlageanteile
nach der Grundstücksgröße sei unangemessen. Die Berechnung erfolgt seit Langem
nicht mehr nach Frontmetern, weil dieser Wert eher Zufälligkeiten abbildet und
über den Nutzungsumfang nichts aussagt.
Der ständig
fortentwickelte und inzwischen übliche Vollgeschossmaßstab legt als
Ausgangswert die Grundstücksgröße zugrunde und ermöglicht anhand von
Nutzungsfaktoren eine angemessene Vorteilsbemessung.
Im Falle der
Aufhebung der StrABS würden künftig die Anlieger gegenüber denjenigen der
bisher umlagepflichtigen Ausbaumaßnahmen
bevorteilt. Es ist zu befürchten, dass durch dieses Umschwenken das Vertrauen
in die Kontinuität der gemeindlichen Finanzwirtschaft erheblich beeinträchtigt
und außerdem innergemeindlich eine Zwei-Klassen-Mentalität entstehen würde.
Die Gemeinde würde
durch einen Verzicht auf Straßenausbaubeiträge eine wirkungsvolle und angemessene
Finanzierungsgrundlage für Straßenbaumaßnahmen aufgeben und dadurch
Finanzierungsmöglichkeiten für andere Investitionen deutlich reduzieren.
Von der Verwaltung
wird deswegen empfohlen, die StrABS nicht aufzuheben sondern zeitnah durch eine
Neufassung zu ersetzen.
Finanzielle
Auswirkungen bei Beschlussfassung gemäß Vorlage :
·
Erhaltung der
Investitionsfähigkeit
Die Neufassung der zzt. vorliegenden
Satzung mit dem aktuellen Rechtsstand sollte erfolgen, bevor ein Straßenausbau
in der Gemeinde geplant wird. Es sind keine gravierenden Änderungen
einzuarbeiten. Die Beitragssätze ändern sich nicht. Die Verteilung unter den
Anliegern ändert sich geringfügig, hat aber kaum finanzielle Auswirkungen auf
die Höhe der Beiträge.
Die
Beitragserhebungen für bisherige Maßnahmen aufgrund der vorliegenden Satzung
sind rechtmäßig erfolgt. Wenn die Satzung mit Wirkung für die Zukunft
aufgehoben werden sollte, bestünde kein Anspruch von Anwohnern auf Erstattung
der bereits gezahlten Beiträge.
Der geänderte Entwurf des
Kommunalabgabengesetzes, u. a. mit der Möglichkeit der Erhebung wiederkehrender
Beiträge zum Straßenausbau, befindet sich zzt. in der Anhörung bei den
Kommunalen Spitzenverbänden. Geplant ist auch, dass die Beiträge nicht nur von
Anwohnern einer Straße sondern von allen Einwohnern eines Stadtteils oder
Ortsteils erhoben werden können. Voraussichtlich wird das Gesetz Mitte 2016 in
Kraft treten. Danach kann über das weitere Verfahren in den Gemeinden
entschieden werden.
Rh Rehbein erläutert, dass ein Großteil
der niedersächsischen Gebietskörperschaften Straßenausbaubeiträge aufgrund
einer entsprechenden Satzung erhebt. Gerechtigkeit bei der Erhebung von Abgaben
ist kaum möglich. So müssen z.B. in Neubaugebieten Erschließungsbeiträge
gezahlt werden, die es früher nicht gab. Straßenausbaubeiträge wurden in der
Gemeinde Jameln bisher nur bei der Dorferneuerung erhoben. Die Gemeinde hat
immer versucht die Straßen durch rechtzeitige Reparaturmaßnahmen zu erhalten.
Wiederkehrende Beiträge zum Straßenausbau würde er begrüßen, da dann auch die
Zahlungspflicht vom bisherigen Eigentümer an den Käufer eines Grundstückes
übergehen würde.
Rh Rehbein stellt folgenden Antrag
zur Beschlussfassung:
- Die
Satzung der Gemeinde Jameln über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen
wird vorerst nicht aufgehoben, da sie zur Finanzierung der
gemeindlichen Straßenbautätigkeit unverzichtbar ist.
- Die Straßenausbaubeitragssatzung ist
zeitnah durch eine Neufassung mit dem aktuellen Rechtsstand zu ersetzen.
- Nach Inkrafttreten des geänderten
Kommunalabgabengesetzes legt die Verwaltung dem Gemeinderat einen
aktualisierten Satzungsentwurf mit Vorschlägen zur Erhebung von
wiederkehrenden Beiträgen zur Information vor.
Rh Koopmann ergänzt zu seinem Antrag, dass
die Bürger bereits diverse Steuern zahlen müssen, die laut Gesetzestext zur Wiederherstellung
und Aufrechterhaltung der Infrastruktur vorgesehen sind. Hier sollte geprüft
werden, ob Teile der Steuergelder von Bund und Land an die Kommunen
zurückfließen können. Wenn Finanzierung des Straßenausbaus nicht über die
Grundsteuer möglich ist, stellt sich die Frage, warum die Grundsteuer A vor
Jahren erhöht wurde um auch Straßenausbau zu finanzieren.
Bgm Sperling erklärt, dass die Erhöhung
der Grundsteuersätze Vorgabe der Kommunalaufsicht war.
Stellv. Bgm Hinkelmann ergänzt, dass mit
dem Geld keine gewidmeten Wege sondern u. a. Wirtschaftswege ausgebaut wurden.
Auf Anfrage von Rf Gröning erläutert Herr
Maatsch, dass die wiederkehrenden Beiträge erst nach Vorlage der konkreten
Planungen, welche Straßen ausgebaut werden sollen, und einer detaillierten
Kostenkalkulation berechnet werden können. Wenn eine Straße zum Ausbau ansteht,
wird sie von der Samtgemeinde entsprechend der Satzung in eine von 3 Gruppen
eingestuft.
Auf Anfrage von Rh Koopmann erklärt Herr Maatsch, dass ein Ausbau einer
Gemeindestraße durch Privatpersonen rechtlich nicht zulässig ist.
Herr Maatsch erläutert, dass die
Aktualisierung der bestehenden Satzung auf den aktuellen Rechtsstand momentan
nicht erforderlich ist. Wenn es konkrete Planungen zum Ausbau einer Straße
gibt, kann die Satzung kurzfristig durch Ratsbeschluss geändert werden und
umgehend nach Veröffentlichung in Kraft treten. So würden jetzt keine Kosten
für die Veröffentlichung anfallen.
Genauso ist auch eine Aufhebung jederzeit möglich.
Ein Muster einer Satzung mit dem aktuellen Rechtsstand wird an die
Ratsmitglieder verteilt.
Rh Rehbein ändert seinen Antrag dahingehend,
dass die bestehende Satzung erst dann gem. aktuellem Rechtsstand aktualisiert
werden soll, wenn konkrete Straßenausbaumaßnahmen geplant sind.
Ggf. erübrigt sich das, wenn vorher das neue Kommunalabgabengesetz in Kraft
tritt.
Rf Gröning stimmt dem zu und spricht sich
dafür aus, dass eine Änderung erst erfolgen soll, wenn ein Straßenausbau
geplant ist.
Bgm Sperling erläutert, dass die
Straßenausbaubeitragssatzung einst aufgrund der sehr schlechten finanziellen
Situation der Gemeinde erlassen wurde. Um die Genehmigung des Haushaltsplanes
durch die Kommunalaufsicht zu erhalten, wurde die Erhebung der Beiträge ins
Haushaltssicherungskonzept aufgenommen. Die finanzielle Situation der Gemeinde
hat sich durch sparsame Haushaltführung und in den letzten Jahren durch den
Verkauf der Grundstücke in den Neubaugebieten verbessert. Für die Umrüstung auf
LED-Beleuchtung wurden auch keine Beiträge erhoben. Er und der Gemeinderat
versuchen immer Beschlüsse zum Wohl aller Einwohner der Gemeinde zu fassen.
Nach weiterer Aussprache fasst der Gemeinderat Jameln folgenden
Beschluss:
1. Die Satzung der Gemeinde Jameln über die
Erhebung von Straßenausbaubeiträgen wird vorerst nicht aufgehoben, da sie zur
Finanzierung der gemeindlichen Straßenbautätigkeit unverzichtbar ist.
2. Die bestehende Straßenausbaubeitragssatzung ist vor
einer Straßenausbaumaßnahme durch eine Neufassung mit dem aktuellen Rechtsstand
zu ersetzen.
3.
Nach
Inkrafttreten des geänderten Kommunalabgabengesetzes legt die Verwaltung dem
Gemeinderat einen aktualisierten Satzungsentwurf mit Vorschlägen zur Erhebung
von wiederkehrenden Beiträgen zur Information vor.