Beschluss: Kenntnis genommen

Bgm Selber begrüßt Herrn Polizeipräsidenten Niehörster, der sich den Anwesenden kurz vorstellt.

Bgm Selber verweist auf den vorliegenden Fragenkatalog von Herrn Süßenbach, der sich mit der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte befasst. Es wird der Wunsch geäußert, dass die Fragen von Herrn Polizeipäsidenten Niehörster beantwortet werden.
Polizeipräsident Niehörster macht deutlich, dass die Polizeibeamten an der Einsatzkleidung, die bei Demonstrationen getragen wird – um sich und ihre Familien zu schützen – auch künftig keine Namensschilder tragen werden. Auch eine Dienstnummer an der Uniform wird es nicht geben. Polizeipräsident Niehörster wörtlich: „Polizeibeamte sind keine Nummern“.
Von Rh Schwidder kommt der Einwand, dass bei Besoldungsabrechnungen für Beamte z.B. eine Personalnummer vergeben wurde und trotzdem seien diese Menschen „keine Nummern“.

Rh Brüggemann, Rh Herzog und Rh Dr. Lange berichten von Erfahrungen während der CASTOR-Transporte und zeigen damit, wie notwendig aus ihrer Sicht eine Kennzeichnung der Beamten ist. Auch in Reihen der Polizei gebe es „Schwarze Schafe“ und diese sollten  – wie auch die Demonstranten - zur Rechenschaft gezogen werden können.

Polizeipräsident Niehörster macht deutlich, dass die Kennzeichnung an den Helmen der Polizisten ausreichend sei, um bei Beschwerden oder Strafanzeigen gegen einzelne Beamte zu ermitteln.
Über die Helmkennzeichnung lasse sich der Zug feststellen, dem der fragliche Beamte angehöre. Ein solcher Zug bestehe aus etwa 30 Beamten und über „weitere individuelle Merkmale“ sowie die Notiz des Ortes und der Uhrzeit und des Kennzeichens eventueller Polizeifahrzeuge in der Nähe sei es möglich, den jeweiligen Polizisten namhaft zu machen. Man möge sich eben möglichst viele solcher Merkmale einprägen, und: „eine Variante“ der Identifizierung könne es auch sein, den Polizisten zu fotografieren. Rh Herzog schilderte aus seiner Erfahrung, was mit Demonstranten geschehe, die Polizisten fotografieren: Der Fotoapparat werde von der Polizei weggenommen, schlimmstenfalls hingeworfen und kaputt getreten. Er werde sich, Niehörsters Worten folgend, für künftige Demos mit mehreren Kameras und einem Diktiergerät ausrüsten.

Die Nachfrage, was geschieht, wenn – wie immer wieder zu beobachten – Beamte ohne Kennzeichnung am Helm im Demonstrations-Einsatz auftreten beantwortet
Polizeipräsident Niehörster dahingehend, „das sei ja nicht die Regel“. Die Beamten der Bereitschaftspolizei, also die überwiegende Zahl der Einsatzkräfte, trügen grundsätzlich die Nummer ihrer Einheit am Helm. Eine Absprache der Innenminister zur Folge halte sich in der Regel auch die Bereitschaftspolizei aus anderen Bundesländern daran. Diese Kräfte unterstehen während der Castor-Einsätze dem Niedersächsischen Polizeirecht und den Weisungen aus Lüneburg. Aber wenn die Kräfte der Bereitschaftspolizei nicht ausreichten, dann müssten Beamte außerhalb der Bereitschaftspolizei hinzugezogen werden, Kräfte demnach, die keine gekennzeichnete Helme haben.

Auf die Frage zu Polizei-Einheiten, die bei Castor-Demos überhaupt nicht als Polizisten kenntlich sind, aber – ganz in Schwarz -als solche agieren, erwiderte Polizeipräsident Niehörster: „Es gibt bei der Polizei keinen schwarzen Block“.

Rh Herzog berichtet von den Erfahrungen mit Einsatzkräften, die nicht gekennzeichnet gewesen seien, die der Dannenberger Bürger Helmar Süßenbach gemacht hat. Er war es, der seinerzeit die Diskussion über die Polizei-Kennzeichnung im Dannenberger Rat ausgelöst hatte – und letztlich auch den Besuch des Polizeipräsidenten im Rat. Wegen einer vor langer Zeit gebuchten Reise konnte Süßenbach nicht zur Sitzung nach Breese kommen. Der Bürger hatte nach dem Castor-Transport 2008 mehrmals Schreiben ans Innenministerium und an die Polizeidirektion geschickt, darin seien persönlichen Erfahrungen mit „Polizei ohne Kennzeichnung“ geschildert – aber, so berichtete Süßenbach sinngemäß, er habe keine befriedigenden Antworten erhalten. Der Bürger hatte seine Briefe sowohl nach Hannover und Lüneburg geschickt als auch an die entsprechenden Dienststellen nach Sachsen-Anhalt; denn Polizeibeamte von dort seien es gewesen, die ohne Kennzeichnung aufgetreten waren.

Polizeipräsident Niehörster erklärte zum „Fall Süßenbach“, er kenne diesen Vorgang nicht; er könne nicht persönlich von allen Vorgängen wissen, die in der großen Polizeibehörde bearbeitet werden.
Dass ausgerechnet diese Angelegenheit, die immerhin Eingang in mehrere Ratssitzungen gefunden hatte, dem Präsidenten nicht bekannt sei,  wird von Rh Herzog als unfassbar kritisiert. Polizeipräsident Niehörster sagte zu, der Sache nachzugehen. Auf den heute vorgelegten Fragenkatalog von Herrn Süßenbach werde eine schriftliche Antwort ergehen.

Generell erklärte der Präsident zu den Castor-Einsätzen:
Er lege großen Wert darauf, dass sich die Polizei dabei auf ihren Auftrag beschränke - auf den Schutz der Transportstrecke. Den eingesetzten Beamten werde immer wieder eingeschärft, sich auf diese Aufgabe zu konzentrieren und „alles andere in Ruhe zu lassen“ in der Region. Deeskalation sei angesagt, hob Niehörster hervor, und dieses Konzept habe sich bewährt: Seit Beginn der Castor-Transporte sei die Zahl angezeigter strafbaren Handlungen– auf allen Seiten – von über 1000 auf rund 50 zurückgegangen. Aber man muss berücksichtigen, dass „eine fünfstellige Zahl“ von Beamten bei Castor-Transporten im Landkreis zugegen sei, und unter denen seien nun mal auch Menschen, die sich nicht immer an die Linie „seid nett zu den Bürgern“ halten. Wenn etwa an einem zu überwachenden Punkt nach 15 Stunden Einsatz ohne jegliches Geschehen plötzlich ein Auto auftauche, dann sei es schon mal denkbar, dass das dortige Polizeiteam ohne konkreten Verdacht kontrolliert. Wer sich bei solchen oder ähnlichen Vorkommnissen schikanös behandelt fühlt, solle sich das Kennzeichen des Einsatzfahrzeuges notieren und die Sache der örtlichen Polizeidienststelle melden.

Rh Fathmann erkundigt sich, ob es stimme, dass „verdeckte Ermittler“ in Demonstranten-Gruppen eingeschleust werden. Er kenne einen Fall, da habe solch ein Beamter die „Mitstreiter“ auch noch emsig motiviert zu ihrem Tun. Polizeipräsident Niehörster erklärt, dass dieses Einschleusen ein Teil der polizeilichen Aufklärung sei. Solche Ermittlungen seien vonnöten, um Beamte vor bösen Überraschungen durch irgendwelche Aktionen zu schützen. Und: Es gelte, herauszufinden, „wo setzt die jeweilige Gruppe ihre Schwerpunkte“.

Das Verlangen nach Kennzeichnung der einzelnen Polizisten, bewertete Friedrich Niehörster als ein „Ausdruck des Misstrauens“, das er „nur hier“ kennen gelernt habe. Überall sonst genieße die Polizei in der Bevölkerung hohes Vertrauen, wie entsprechende Untersuchungen belegten.

Entschieden verwehrte sich der Polizeipräsident gegen den Vorwurf, unter den Polizeibeamten herrsche so etwas wie „Korpsgeist“, im Klartext: Wenn ein Beamter während einer Demo unrechtmäßig handelt, greife sein Kollege nicht ein. Das stimme nicht, betonte Niehörster: „Schwarze Schafe gehören verdonnert – auf beiden Seiten!“ Die Beamten seien sehr gut ausgebildet, „Sie wissen, was sie tun dürfen und was nicht.“ Und: „Da wird sich gegenseitig korrigiert“.

 

Bgm Selber unterbricht die Sitzung von 20.35 Uhr bis 21.00 Uhr um auch den anwesenden Bürgern und Bürgerinnen die Möglichkeit zu geben, Fragen an Herrn Polizeipräsidenten Niehörster zu richten.

Nach Wiedereröffnung der Sitzung erklärt Polizeipräsident Niehörster, dass er mit anderen Erwartungen in diese Sitzung gekommen ist. Er ist davon ausgegangen, dass an ihn vielfältige Fragen zu unterschiedlichen Bereichen der Polizeiarbeit  im Zusammenhang mit CASTOR-Tansporten gestellt werden. Er bedauert, dass sich alle Fragestellungen lediglich mit der Kennzeichnung von Polizeibeamten befasst haben,

Bgm Selber bedankt sich bei Herrn Polizeidirektor Niehörster für das Gespräch.