Sitzung: 19.09.2022 Rat der Gemeinde Göhrde
Beschluss: Abgelehnt
Abstimmung: Ja: 3, Nein: 6
Vorlage: 1/0325/2022
Ratsherr Scherlies
hat mit Datum vom 21.08.2022 den anliegenden Antrag gestellt. Hierin fordert
er, den unter TOP 7 in der Ratssitzung vom 28.06.2022 gefassten Beschluss
aufzuheben. Er begründet seinen Vorschlag mit einem vermeintlichen Verstoß
zweier Ratsmitglieder gegen das Mitwirkungsverbot aus § 41 NKomVG.
Rh Scherlies
verliest seinen Antrag für die anwesenden Bürgerinnen und Bürger und teilt mit,
dass er ein Mitwirkungsverbot bei den beiden stellv. Bgm Timme und Goebel sehe.
Die Beiden könnten
hier auf der heutigen Sitzung zu Protokoll geben, dass sie kein Interesse haben
dort zu bauen.
Frau Martin teilt
mit, dass eine solche Aussage nicht notwendig ist und dass hier im vorliegenden
Fall kein Mitwirkungsverbot nach § 41 NKomVg vorliege.
Bgm Stegemann
verließt die Erläuterung von Herrn Rhode, Fachbereichsleiter „Zentrale
Dienste“.
Anmerkung der Verwaltung:
Der Ansicht von
Ratsherr Scherlies kann nicht gefolgt werden.
Der Rat der
Gemeinde Göhrde hat am 28.06.2022 unter TOP 7 den folgenden Beschluss mit einer
Mehrheit von 6 zu 2 Stimmen gefasst:
Beschluss:
1. Zur Schaffung von Wohnbauflächen im
Rahmen der Eigenentwicklung in Schmessau wird im Norden (Flurstücke 14/6, 14/7
und 14/9, Flur 2, Gemarkung Schmessau) ein Bebauungsplan aufgestellt. Soweit
erforderlich, wird bei der Samtgemeinde Elbtalaue die Änderung des
Flächennutzungsplanes beantragt.
2. Im Rahmen der Bauleitplanung wird
ein Antrag auf Entlassung aus dem Landschaftsschutzgebiet „Elbhöhen-Drawehn“
gestellt. Die Flächen wurden bereits in der Stellungnahme vom 26.06.2020 in
Bezug auf die Neuabgrenzung als Siedlungsentwicklungsfläche gemeldet.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 NKomVG dürfen
Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in Angelegenheiten der Kommunen nicht
beratend oder entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einen unmittelbaren
Vorteil oder Nachteil für sie selbst und unter anderem auch für ihre
Verwandten bis zum dritten Grad bewirken würde.
Als unmittelbar gilt gem. § 41 Abs. 1
Satz 2 NKomVG nur derjenige Vorteil oder Nachteil, der sich aus der
Entscheidung selbst ergibt, ohne dass, abgesehen von der Ausführung
von Beschlüssen nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, weitere Ereignisse eintreten
oder Maßnahmen getroffen werden müssen.
Bei dem oben genannten Beschluss in Ziffer 1
handelt es sich um einen Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes
(Aufstellungsbeschluss). Der Beschluss zu Ziffer 2 beinhaltet den notwendigen
Antrag zur Entlassung der entsprechenden Flächen aus dem
Landschaftsschutzgebiet.
Bei beiden Beschlüssen fehlt es bereits an
der Unmittelbarkeit des Vor- bzw. Nachteils. Der Aufstellungsbeschluss löst
noch keine direkten rechtlichen Wirkungen hinsichtlich der im zukünftigen
Plangebiet gelegenen Grundstücke aus. Diese bewirkt erst der Bebauungsplan,
welcher als Satzung und damit materieller Rechtsnorm zu beschließen ist. Ein
unmittelbarer Vorteil bzw. Nachteil ist also nicht gegeben.
Gleiches gilt für den zweiten Teilbeschluss.
Die Entlassung aus dem Landschaftsschutzgebiet ist von einer Genehmigung des
Landkreises Lüchow-Dannenberg abhängig. Auch hier müssen zur Erlangung eines
vermeintlichen Vor- bzw. Nachteils noch Ereignisse (hier die Genehmigung)
hinzutreten.
Es soll jedoch bereits an dieser Stelle
deutlich gemacht werden, dass selbst bei einer Mitwirkung beim Beschluss über
den Bebauungsplan kein Mitwirkungsverbot entstehen kann. So verfügt § 41 Abs. 3
Nr. 1 NKomVG, dass das Mitwirkungsverbot bei der Beratung und beim Beschluss
über Rechtsnormen nicht gilt!
Um in diesen Fällen aber eine gewisse
öffentliche Kontrolle möglich zu machen, hat der Landesgesetzgeber in § 41 Abs.
4 Satz 3 NKomVG eine Mitteilungspflicht implementiert. Wird über eine
Rechtsnorm beraten oder entschieden (Absatz 3 Nr. 1), so hat die ehrenamtlich
tätige Person vorher mitzuteilen, wenn sie oder eine der in Absatz 1 Satz 1
oder Absatz 2 genannten Personen ein besonderes persönliches oder
wirtschaftliches Interesse am Erlass oder Nichterlass der Rechtsnorm hat.
Bei der Mitwirkung an der Aufstellung von
Flächennutzungsplänen würde es im Übrigen auch an der Unmittelbarkeit fehlen,
da diese zu genehmigen sind. In der Literatur wird auch die Auffassung
vertreten, dass der Flächennutzungsplan einer Rechtsnorm gleichzusetzen ist und
von daher ebenfalls § 41 Abs. 3 Nr. 1 NKomVG direkt zur Anwendung kommt. Dies
aber nur zum Verständnis, weil die Samtgemeinde über den Flächennutzungsplan zu
beschließen hat.
Abschließend ist noch anzumerken, dass gem.
§ 41 Abs. 6 NKomVG ein Beschluss, der unter Verletzung der Vorschriften der
Absätze 1 und 2 gefasst worden ist, nur dann unwirksam ist, wenn die Mitwirkung
für das Abstimmungsergebnis entscheidend war.
Da hier der Beschluss mit 6 Ja und 2
Nein-Stimmen gefasst wurde, wäre selbst diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Insgesamt ist daher festzustellen, dass ein
Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot aus § 41 NKomVG bei der Beschlussfassung zu
TOP 7 der Sitzung des Rates der Gemeinde Göhrde am 28.06.2022 nicht vorgelegen
hat. Der gefasste Beschluss ist voll wirksam!
Rh
Dr. Gottesleben sieht die Rechtlage hier als deutlich gegeben, er selbst sieht
es zwar anders, da hier ein bitterer Nachgeschmack bestehen bleibt und der
Verdacht einer „Vetternwirtschaft“ aufkommt, dennoch sind die Formulierungen
klar und eindeutig.
Rh
Scherlies möchte dennoch über seinen vorliegenden Antrag abstimmen
Der
Rat der Gemeinde Göhrde fasst folgenden
Beschluss:
1.
Zur
Schaffung von Wohnbauflächen im Rahmen der Eigenentwicklung in Schmessau wird
im Norden (Flurstücke 14/6, 14/7 und 14/9, Flur 2, Gemarkung Schmessau) ein
Bebauungsplan aufgestellt. Soweit erforderlich, wird bei der Samtgemeinde
Elbtalaue die Änderung des Flächennutzungsplanes beantragt.
2.
Im
Rahmen der Bauleitplanung wird ein Antrag auf Entlassung aus dem
Landschaftsschutzgebiet „Elbhöhen-Drawehn“ gestellt. Die Flächen wurden bereits
in der Stellungnahme vom 26.06.2020 in Bezug auf die Neuabgrenzung als
Siedlungsentwicklungsfläche gemeldet.