Sitzung: 13.09.2022 Rat der Gemeinde Zernien
Beschluss: Mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 8, Nein: 1
Vorlage: 30/0220/2022/1
Sachverhalt:
Herr Hesebeck
erläutert, dass in der Sitzung am 14.07.22 (ZerR/XI/04) unter Top 11 das
Projekt „Pflegehof“ vorgestellt wurde. Es handelt sich um eine Wohneinrichtung
für vorwiegend demenzkranke Menschen, die in einem dorftypischen/
landwirtschaftlichen Umfeld eingebettet wird, um ein selbstständiges und
selbstbestimmtes Leben zu fördern.
Ein externer
Pflegedienst wird von den Bewohnern eingestellt.
Im Bebauungsplan
„Göhrdestraße“ sind die Ansiedlungsflächen als Gewerbegebiet festgesetzt. Im
Gewerbegebiet ist eine solche Einrichtung, die bauplanungsrechtlich als
Einrichtung für soziale Zwecke beurteilt wird, nicht zulässig.
Um die Ansiedlung
des Pflegehofes zu ermöglichen, ist die Änderung des Bebauungsplanes
erforderlich.
Zur Ansiedlung des
„Pflegehofes“ und der dafür erforderlichen Änderung des Bebauungsplanes fand am
05.07.22 ein Gespräch zwischen Vertretern des Vorhabenträgers, des Landkreises,
der Gemeinde Zernien und der Samtgemeinde Elbtalaue statt.
Im Ergebnis wurde
festgehalten, dass eine Änderung der Gewerbegebiete in ein sonstiges
Sondergebiet erfolgen sollte. Dabei ist
insbesondere der Schutz der bisher angesiedelten Gewerbebetriebe sowie der
potentiellen neuen Gewerbestandorte sowie die Einflüsse der Biogasanlage zu
berücksichtigen. Überschlägig wird davon ausgegangen werden, dass der
Sicherheitsabstand zur Biogasanlage eingehalten wird. Gegebenenfalls sind
Lärmschutzmaßnahmen erforderlich. Außerdem erscheint eine Eingrünung des
Pflegehofes in Richtung der Biogasanlage und der bestehenden Gewerbebetriebe
sinnvoll.
Möglich wäre die Festsetzung eines sonstigen Sondergebietes
mit einem Schutzanspruch eines Mischgebietes. Die zwischen den beiden Gebieten
festgesetzte Straßenverkehrsfläche könnte entfallen, die Baugrenzen
zusammengeführt werden.
Folgende Festsetzung könnte zum sonstigen Sondergebiet erfolgen:
Das sonstige Sondergebiet „Pflegehof“ dient der
Errichtung einer Wohn- und Pflegeeinrichtung sowie der Einrichtung dienender
Nutzungen.
Innerhalb des Sonstigen Sondergebietes „Pflegehof“ sind
zulässig:
- Wohn- und/oder Pflegeeinrichtungen für Senioren und
anderweitige Pflege- und Betreuungsbedürftige
- Anlagen zur Unterbringung einer Tagespflege
- Wohnungen, die geeignet sind für betreutes Wohnen
- Wohnungen, insb. für Betriebsleiter, Aufsichts- und
Bereitschaftspersonal und Mitarbeiter die der Einrichtung zugeordnet sind
- Wohnungen, insb. für Gäste und Angehörige, die der
Einrichtung zugeordnet sind
- Anlagen für die Verwaltung, Bewirtschaftung und
Versorgung der Einrichtung inkl. Anlagen für Veranstaltungen sowie Bildungs-
und Fortbildungsmaßnahmen, die u.a der Einrichtung zugeordnet sind.
- untergeordneter Einzelhandel, z.B. Hofladen bis max.
50m² VK-Fläche, der der Einrichtung zugeordnet ist.
- Anlagen für sportliche und gesundheitliche Zwecke, die
der Einrichtung zugeordnet sind, z.B. Therapie-, Bewegungs- und Sporträume
- Anlagen für körpernahe Dienstleistungen sowie für
heilkundliche und medizinische Berufe
- Anlagen für gastronomische Zwecke, wie Tagescafé /
Kiosk
- Anlagen und Einrichtungen für Tierhaltung (u.a. Hühner,
Ziegen, Schweine, Schafe, Esel, Pferde etc.)
sowie die dafür erforderlichen Nebenanlagen
- Stellplätze und
- weitere untergeordnete Nutzungen, soweit sie der
Einrichtung dienen.
Die Änderung kann
voraussichtlich im beschleunigten Verfahren gem. § 13a BauGB erfolgen. Der
Flächennutzungsplan muss danach nicht vorab geändert werden, es reicht eine
Berichtigung des Flächennutzungsplanes.
Der
Vorhabenträger hat die Übernahme der Planungskosten zugesagt. Hierzu ist ein
städtebaulicher Vertrag zu schließen. Außerdem sollte in diesem städtebaulichen
Vertrag die Durchführung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen gem. §1a Abs. 3
BauGB vereinbart werden.
Für die Erstellung der Planungsunterlagen zur Änderung des
Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ wurden Honorarkostenschätzungen von fünf
Planungsbüros eingeholt.
Das Ergebnis der
Angebotseinholung wird nachgereicht.
Die Gemeinde
Zernien hat in 2013 zur Erschließung des mit dem B-Plan „Göhrdestraße“
planerisch festgesetzten Gewerbegebietes eine Förderung in Höhe von 289.938,96
€ erhalten. Diese Förderung wurde aus dem EU-Programm EFRE, Zielgebiet Konvergenz, Förderperiode 2007-2013, Richtlinie über
die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur und zur
Förderung wirtschaftsnaher Infrastrukturmaßnahmen, gewährt. Ziel dieses
Programmes ist die Ansiedlung von Wirtschaftsunternehmen zur Schaffung von
Arbeitsplätzen und dem Generieren von Steuereinnahmen zur Stärkung der Region.
Die förderwürdigen Ansiedlungen sind in einer sog. Positivliste in der Anlage
der Förderrichtlinien festgelegt.
Bereits im Zuge der zu erstellenden Zwischenabrechnung war die Gemeinde
aufgefordert einen Teil der gewährten Fördermittel zurückzuzahlen, für einen
Grundstücksverkauf in dem Gebiet, in dessen Zuge dann eine andere Nutzung als
in den Förderrichtlinien festgelegt, erfolgt ist. Der Zweckbindungszeitraum, in
dem sich bei einem Verkauf und einer folgenden Ansiedlung an die
Förderrichtlinien zu halten ist, endet mit Ablauf des 31.12.2029.
Der geplante „Pflegehof“ ist nicht Teil der nach vorgenannter Positivliste
förderwürdigen Ansiedlungen. Es ist daher mit einer weiteren
Rückzahlungsverpflichtung von Teilen der gewährten Förderung zu rechnen.
In diesem Wissen ist die NBank gebeten worden, zu möglichen
Rückzahlungsverpflichtungen Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist ohne Gewähr und unter
Zugrundelegung der derzeitigen Parameter seitens der NBank abgegeben worden.
Gegenstand der Überlegungen waren die der Gemeinde derzeit vorliegenden Annahmen,
dass das aus der Förderung herauszurechnende Grundstück eine Fläche von ca. 2,4
ha hat. Weiter wird davon ausgegangen, dass die verbleibenden Grundstücke auch
weiterhin einer förderwürdigen Nutzung zugeführt werden können. Sollten sich in
einem zur Verwirklichung des Pflegehofkonzeptes anstehenden
Bauleitplanverfahrens auch die westlich gelegenen Gewerbeflächen planerisch
anders darstellen müssen, oder eventuell alle noch zur Verfügung stehenden
festgesetzten Gewerbeflächen planerisch anders festgesetzt werden müssen, so
könnten auch diese Flächen ggfls. nicht mehr gemäß der Positivliste genutzt
werden. In dem Fall wären höhere Rückzahlungsverpflichtungen zu erwarten, die
bis zu einer Gesamtrückzahlung der noch „valutierenden“ Fördermittel gehen
könnten. Der Zweckbindungszeitraum beträgt 15 Jahre und endet mit Ablauf des
31.12.2029 (s.o.). Eine eventuelle Rückzahlungsverpflichtung berechnet sich aus
einer zeitlichen und flächenmäßigen Komponente. Eine genaue Benennung ist aus
den vorgenannten Gründen der NBank absolut nicht möglich. Unter der Anwendung
der derzeit bekannten Parameter (Restlaufzeit der Zweckbindung ca. 7,5 Jahre,
Flächengröße Pflegehof ca. 2,4 ha und weiterer Ansiedlungsmöglichkeit gem.
Positivliste für die verbleibenden Restflächen wird eine
Rückzahlungsverpflichtung in diesem Fall von 40.000 € genannt. Dieser
Teilwiderrufsbetrag wäre für den Zeitraum vom Beginn der Zweckbindung bis zur
erfolgenden Rückzahlung mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen und
ebenfalls zu erstatten. Weiterhin kommen als Verfahrenskosten 10 % der zu
erstattenden Beträge als Gebühren auf die Gemeinde zu. Somit dürfte sich der
Erstattungsbetrag (vorbehaltlich der bei Berechnung tatsächlich sich ergebenden
Parametern) auf ca. 55.000 € berechnen lassen.
Rh Ahrens ist der
Einrichtung gegenüber nicht grundsätzlich abgeneigt, er möchte aber betonen,
dass die bestehenden Betriebe Vorrang haben und geschützt werden müssen.
Er möchte wissen,
welche Auswirkungen die Einrichtung hat, derzeit sind nur 2,4 Hektar verplant,
Rh Ahrens fragt, was mit den restlichen Gewerbeflächen passiert.
Herr Hesebeck
kann nicht abschätzen, was mit den restlichen Gewerbeflächen passiert und wie
da weitere Verfahren sich entwickeln wird. Wichtig ist zu sagen, dass das
Verfahren jederzeit, auch nach Abschluss eines städtebaulichen Vertrages, noch
gestoppt werden kann.
Seiner Kenntnis
nach haben bereits Gespräche mit dem Betreiber der Biogasanlage über eine evtl.
Erweiterung stattgefunden.
Rh Ahrens
befürchtet einfach, dass man sich das gesamte Gewerbegebiet verbaut, er sieht
die Einrichtung eines Pflegehofes an anderer Stelle besser aufgehoben.
Er hat Bedenken,
dass sich Gewerbetriebe ansiedeln möchten und es sind keine Flächen mehr
vorhanden.
Herr Hesebeck
weist daraufhin, dass die westlichen Flächen geschützt sind und in einem
solchen Fall zur Verfügung stehen.
Bgm Schulz gibt
zu bedenken, dass die letzten 7 Jahre nichts passiert ist und es kein ernstes
Interesse an den Flächen gab.
Stellv. Bgm
Zachow hält die Einrichtung des Pflegehofes für eine gute Gelegenheit für die
Gemeinde Zernien, es handelt sich um ein tolles Projekt, welches unbedingt
unterstützt werden sollte, des weiteren wurde hier bereits ausreichend
diskutiert.
Die Gemeinde
Zernien sollte diesen Schritt wagen, so stellv. Bgm Zachow abschließend.
Der Rat der
Gemeinde Zernien fasst folgenden
Beschluss:
a) Die Ansiedlung des Projektes „Pflegehof“ wird befürwortet und aktiv unterstützt. Dazu leitet der Rat der Gemeinde Zernien das Verfahren zur 3. Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ ein. Es wird geprüft, in wie weit das Verfahren zur 2. Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ eingestellt oder einbezogen werden kann bzw. muss. Zur Übernahme der Planungskosten wird ein städtebaulicher Vertrag geschlossen. 8 Ja 1 Nein
b) Zur Erstellung der Planungsunterlagen zur Änderung des Bebauungsplanes „Göhrdestraße“ wird vorbehaltlich des geschlossenen städtebaulichen Vertrages zur Übernahme der Planungskosten das Planungsbüro „Cappel + Kranzhoff“ mit einem Honorar i.H.v. 25.599,98 Euro beauftragt. 8 Ja 1 Enthaltung
c) Die Gemeinde nimmt im Zusammenhang mit der zur Erschließung des Gewerbegebietes gewährten Förderung zur Kenntnis, dass der Pflegehof nicht in der Positivliste der Betriebe geführt wird, die nach Förderrichtlinie als Ansiedlungsziel für anzusiedelnde Betriebe anzuwenden ist.
Aufgrund der Ansiedlung des Pflegehofes ist mit einer Rückforderung der Förderung i.H.v. etwa. 55.000 € zu rechnen. 7 Ja 2 Enthaltungen