Betreff
Akteneinsichts- und Auskunftsrecht für Mandatsträger
Vorlage
1/0171/2017
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt:

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte sich in seiner Entscheidung vom 26.10.2016 erneut mit dem Akteneinsichtsrecht nach § 58 Abs. 4 NKomVG und der entsprechenden Abgrenzung zum Auskunftsrecht nach § 56 Satz 2 NKomVG zu beschäftigen.

 

Aufgrund der Aktualität des Themas sollen vorliegend die wesentlichen Unterschiede sowie die Voraussetzungen noch einmal dargestellt werden.

 

In der Vorschrift des § 58 Abs. 4 NKomVG über die Zuständigkeit des Rates zur Überwachung der Durchführung seiner Beschlüsse und des sonstigen Ablaufs der Verwaltungsangelegenheiten ist bestimmt, dass einzelnen Ratsmitgliedern Einsicht in Akten, abgesehen von Verschlusssachen, zu gewähren ist, wenn ein Viertel der Ratsmitglieder oder eine Fraktion oder Gruppe dies verlangt.

 

In § 56 Satz 2 NKomVG ist hingegen geregelt, dass jedes Ratsmitglied zur eigenen Unterrichtung vom Hauptverwaltungsbeamten Auskünfte in allen Angelegenheiten der Gemeinde verlangen kann, auch hier von Verschlusssachen abgesehen.

 

Während also das Auskunftsrecht nach § 56 Satz 2 NKomVG jedem einzelnen Ratsmitglied ein Unterrichtungsrecht gegen den Hauptverwaltungsbeamten über alle Angelegenheiten der Gemeinde zubilligt, erfordert das Akteneinsichtsrecht die Darlegung eines Überwachungszwecks des Rates. Dieser ist bei dem Ersuchen auf Akteneinsicht konkret darzulegen, weshalb eine pauschale, nichtssagende oder nur den Gesetzestext wiederholende Begründung mit Aussagen ins Blaue hinein nicht ausreicht.

 

Überwachungsgegenstand ist nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Alternative1 NKomVG die Durchführung der Beschlüsse der Vertretung. Da es der Hauptverwaltungsbeamte ist, der diese Beschlüsse auszuführen hat, wird insoweit seine Tätigkeit überwacht. Die Überwachungspflicht nach Satz 1 Alternative 1 ist daher eine reine Ausführungskontrolle. Die Vorschrift bezieht sich auch auf Beschlüsse über Rechtsnormen, soweit diese noch einer Durchführung dur5ch den Hauptverwaltungsbeamten bedürfen.

 

Die Vertretung überwacht gem. § 58 Abs. 4 Satz 1 Alternative 2 NKomVG ferner den sonstigen Ablauf der Verwaltungsangelegenheiten. Dazu gehört insbesondere auch die durch Alternative 1 noch nicht erfasste Überwachung der vorbereitenden Tätigkeit des Hauptverwaltungsbeamten nach § 85 Abs. 1 Nr. 1 NKomVG, aber auch dessen Organisationsentscheidungen und die Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung. Die Überwachungspflicht beschränkt sich aber nicht nur auf den vom Hauptverwaltungsbeamten zu verantwortenden Bereich der Verwaltung im engeren Sinne, sondern erstreckt sich auch auf den Pflichtenkreis aller anderen Organe der Kommune. Auf der anderen Seite ist die Überwachungspflicht nach § 58 Abs. 4 Satz 1 Alternative 2 begrenzt auf das gewählte Verfahren („Ablauf der Verwaltungsangelegenheiten“) und die technische, personelle und büromäßige Seite der Aufgabenerledigung; sie erstreckt sich nicht auf die sachliche Erledigung der Aufgabenerledigung.

 

Die beantragte Akteneinsicht muss sich also konkret auf einen der oben genannten Überwachungszwecke konkret beziehen. Aus der Gesetzessystematik wird zudem deutlich, dass eine Akteneinsicht zur eigenen Unterrichtung oder Vorbereitung auf eine Sitzung nicht gewährt werden kann.

 

Neben der Darlegung des Überwachungszwecks muss ein Antrag auf Akteneinsicht aber auch den richtigen Antragsteller erkennen lassen, das heißt mindestens ein Viertel der Mitglieder der Vertretung oder eine Fraktion oder Gruppe. Selbstverständlich steht das Akteneinsichtsrecht aber auch der Mehrheit der Vertretung zu. Macht die Vertretung es als solche geltend, geschieht das durch Beschluss. Machen nur die oben genannten Teile der Vertretung (ein Viertel der Mitglieder bzw. eine Fraktion oder Gruppe) das Akteneinsichtsrecht geltend, ist ein Beschluss nicht angezeigt. Die Einsichtnahme der Akten darf jedoch nicht hinter dem Rücken der Vertretung als der eigentlichen Kontrolleurin erfolgen, weshalb das Verlangen in seiner Sitzung der Vertretung geltend zu machen ist.

 

Dieses Procedere gilt ungeachtet der Tatsache, dass es dann nur von einem oder wenigen Abgeordneten ausgeübt wird. Die Beschränkung des Akteneinsichtsrechts auf „einzelne Abgeordnete“ (§ 58 Abs. 4 Satz 3 NKomVG) hat zunächst rein praktische Gründe; es macht aber auch deutlich, dass nur Abgeordneten ein Akteneinsichtsrecht gewährt werden darf (nicht Fraktionsmitarbeitern oder der Presse etc.).

 

Das Einsichtsrecht darf nur in den Diensträumen der Verwaltung ausgeübt werden. Die Akteneinsichtnahme umfasst das Recht, Abschriften und Fotokopien von bestimmten Aktenteilen zu fertigen. Die Kopie des gesamten Aktenvorganges ist jedoch nicht zulässig.

 

Das Auskunftsrecht zur eigenen Unterrichtung nach § 56 Satz 2 NKomVG ist systematisch von der die Zuständigkeit der Vertretung regelnden Vorschrift des § 58 NKomVG (siehe oben) zu trennen.

Das Auskunftsrecht zur eigenen Unterrichtung ist vielmehr ein Mitgliedschaftsrecht eines jeden Abgeordneten. Gegenstand des Auskunftsverlangens sind alle Angelegenheiten der Kommune im eigenen und übertragenen Wirkungskreis. Hierzu gehören jedoch nicht Angelegenheiten einer Gesellschaft oder einer anderen Organisation, an der die Kommune nur beteiligt ist. Auskunft kann auch über Angelegenheiten verlangt werden, die zeitlich vor Beginn der Mitgliedschaft des Fragestellers liegen.

 

Auskunftspflichtig ist der Hauptverwaltungsbeamte über alles, worüber er als Leiter der Verwaltung oder als gesetzlicher Außenvertreter der Kommune Kenntnis erlangt hat oder erlangen kann. Auskunft ist dabei über Tatsachen zu erteilen; zur Unterrichtung über Rechtsfragen oder zur Abgabe von Einschätzungen oder Beurteilungen bestimmter Sachverhalte verpflichtet die Vorschrift nicht.

 

Der Fragesteller hat keinen Anspruch auf Auskünfte in bestimmter Art und Weise (zum Beispiel eine schriftliche Antwort). Hierüber entscheidet der Hauptverwaltungsbeamte, wobei er sich natürlich an der Pflicht zur Vollständigkeit und Richtigkeit der Antwort orientieren muss.

 

Sowohl beim Akteneinsichtsrecht nach § 58 Abs. 4 NKomVG als auch bei Auskunftsrecht nach § 56 Satz 2 NKomVG ist der Datenschutz zu beachten. Personenbezogene Daten dürfen demnach im innerbehördlichen Bereich nur dann übermittelt werden, wenn dies zur sachgerechten Aufgabenerfüllung notwendig ist.

 

Informationen aus Verschlusssachen dürfen in beiden Fällen nicht bekannt gegeben werden.