Betreff
Erhöhung des Stellenanteils für die Archiv- und Museumsangelegenheiten
Vorlage
1/0021/2017
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

In der Zeit von Mai 2014 bis Februar 2016 ist für die Samtgemeinde Elbtalaue eine Stellenbemessung durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang ist auch der gesamte Aufgabenbereich des Archivs und des Museums „Waldemarturm“ mit betrachtet worden.

Die Stellenbemessung hat einen notwendigen Zeitanteil von insgesamt 0,75 Stellen für diese Aufgaben errechnet. Darin enthalten sind Arbeitsprozesse, die momentan als „optional“ benannt wurden und die zurzeit nicht durchgeführt werden, da sie den Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit sprengen würden.

Diese sind im Grunde aber absolut notwendig, um die Existenz des Museums dauerhaft zu sichern und die Potenziale eines Stadtarchivs voll auszuschöpfen.

Um dies zu veranschaulichen, soll zunächst noch einmal auf die grundsätzliche Bedeutung eines kommunalen Archivs bzw. Museums für eine Kommune eingegangen und dann die konkreten Herausforderungen dargelegt werden.

Kommunalarchive und Heimatmuseen tragen durch Bildungsarbeit dazu bei, das unverwechselbare, historisch gewachsene Profil einer Kommune bewusst zu machen, zu schärfen und nachhaltig zu vermitteln. Dadurch wird das Archiv bzw. das Museum zum historischen Kompetenzzentrum seiner Kommune. Die Vermittlung von lokalgeschichtlichen Inhalten wirkt identitätsstiftend für das Gemeinwesen. Sie stärkt Demokratie und Demokratieverständnis durch Offenlegung von historischen Fakten und Entscheidungsprozessen in Gesellschaft und Verwaltung.

Kommunalarchive und Heimatmuseen leisten mit ihren Beständen und Angeboten zur Vermittlung von lokaler Geschichte einen unverzichtbaren Beitrag zur Steigerung der Standortqualität einer Kommune. Sie tragen dazu bei, dass aus dem Wohnsitz der Menschen ihre Heimat wird, mit der sie sich identifizieren. Kulturelle, soziale, wissenschaftliche und wirtschaftliche Traditionen sind neben aktuell diskutierten Standortfaktoren Elemente, die für die Wirtschaftsförderung immer größere Bedeutung erlangen. Investoren mit mittel- und langfristigen Interessen werden auf diese Qualitäten der jeweiligen Region aufmerksam gemacht. Die Darstellung der lokalen Geschichte unterstützt den Tourismus. Es gibt keinen Stadtrundgang ohne historischen Kontext. Das Kommunalarchiv und das Heimatmuseum weisen mit seiner historischen Bildungsarbeit den Weg. Eine geschichtslose Stadt ist eine gesichtslose Stadt. Das Kommunalarchiv trägt dazu bei, dem sichtbaren Bild einer Kommune Tiefenschärfe durch Informationen, Ausstellungen, Publikationen und Veranstaltungen zu geben. Eine Verwaltung, deren Einrichtungen ein breites Spektrum an historischer Bildungsarbeit anbieten, kann sich im Wettbewerb der Kommunen als dienstleistungsorientierte Einrichtung besser positionieren.

Zur Stadtentwicklung gehört lokale Geschichte als „weicher Standortfaktor“. Um eine Kommune in ihrer historisch gewachsenen Vielfalt verstehen und ihre Zukunft gestalten zu können, bedarf es der fundierten Kenntnis und Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit. Das Kommunalarchiv und das Heimatmuseum vermitteln im Rahmen ihrer historischen Bildungsarbeit diese Kenntnisse. Es ist Aufgabe einer Kommune, durch historische Bildungsarbeit den Bürgerinnen und Bürgern ein wissenschaftlich abgesichertes Bild der Vergangenheit bereit zu stellen, um verzerrte oder lückenhafte Geschichtsbilder zu verhindern bzw. abzubauen. Der Blick auf das historische Erbe einer Kommune ist nicht statisch, sondern in höchstem Maße dynamisch. Denn jede Generation sieht aus dem jeweiligen zeithistorischen Kontext sowie auf dem Hintergrund der eigenen Lebenserfahrung neu und anders auf die Geschichte sowie ihre Zeugnisse. Die Stadtentwicklung bedarf deshalb der Unterstützung, das aktuelle Geschichtsbild in ihren Strategien zu berücksichtigen. Für diese Aufgabe ist das Kommunalarchiv aufgrund seiner Quellen nach Empfehlung der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag der kompetenteste Ansprechpartner. Denn ohne das Archiv als Gedächtnis der Kommune gibt es keine Vermittlung ihrer Geschichte. Ohne Stadtgeschichte gibt es kein qualifiziertes Stadtmarketing, keine nachhaltige Stadtentwicklung.

Mit Historischer Bildungsarbeit öffnen das Kommunalarchiv und das Heimatmuseum Schulen, Vereinen und allgemeinen Bildungseinrichtungen (z.B. VHS) die Tür zur Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit. Die Vermittlung von Kenntnissen über das „Woher“ beginnt bei Kindern. Ihre Neugier findet in der Lokalgeschichte ein reiches Feld. Die Angebote der Kommunalarchive sind für die Bildungseinrichtungen von besonderer Bedeutung. Die Kenntnis der Geschichte vor Ort motiviert zur Beschäftigung mit Geschichte überhaupt. Das Entdecken und Erforschen des eigenen Lebensumfeldes in seinen historischen Dimensionen trägt gerade in Zeiten großer (Berufs-)Mobilität bei allen Generationen zur Identitätsfindung und zu verantwortlichem Handeln bei. Durch den Umgang mit unterschiedlichen und vielfältigen Quellen wird im Kommunalarchiv Medienkompetenz ausgebildet und gefördert. Deshalb sind der „Lernort Archiv“ und die Arbeit mit Archivalien in Richtlinien und Lehrplänen für Schulen inzwischen verankert. Historische Bildungsarbeit mit Schulen und Weiterbildungseinrichtungen wird projektorientiert durchgeführt. Projektarbeit bedeutet selbstständiges und qualifiziertes Arbeiten. Sie fördert dadurch die Lernbereitschaft und trägt zur Anhebung des Lernniveaus bei.

Insgesamt kann daher festgestellt werden, dass Kommunalarchive und Heimatmuseen Gedächtnisse und historische Wissensspeicher einer Kommune sind. Ihre Historische Bildungsarbeit ist für die Zukunft der Kommunen von grundlegender Bedeutung. Die Öffentlichkeitsarbeit eines Archivs/ Museums muss die historische Bildungsarbeit wie die anderen Aufgaben nach außen vermitteln. Investitionen in die historische Bildungsarbeit ermöglichen diesen Einrichtungen, als ein Garant des kommunalen Selbstverständnisses zu wirken und zur Steigerung der Attraktivität einer Kommune sowie zu ihrer Entwicklung beizutragen. Auch Herr Axel Kahrs hat im Rahmen seines spannenden Vortrages bei der vergangenen Kartoffelstippe auf die diesbezüglichen Potenziale der Stadt Dannenberg (Elbe) hingewiesen, die nur aufgegriffen werden müssten.

Um dem Rechnung zu tragen, benötigt die Verwaltung aber Zeit und damit einhergehend Stellenanteile.

Insbesondere Museen können in heutiger Zeit nicht mehr aus sich heraus mit einer über Jahre gleichbleibenden Dauerausstellung bestehen.

Wie aus der Anlage zu entnehmen ist, sind insbesondere die heimatkundlichen Museen stark davon abhängig, dass der Museumsbesuch durch Sonderausstellungen, Sonderveranstaltungen, gute Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik etc. interessant gestaltet wird.

Eine ständige Fortentwicklung ist notwendig um Besucherinnen und Besucher in die Häuser zu locken. Das geschieht mit großem finanziellem Aufwand an allen großen Museen, entsprechend heruntergebrochen auf unsere bescheidenen Möglichkeiten müssen auch die kleinen Museen sich darum bemühen.

Neben der ständigen konzeptionellen Weiterentwicklung muss die Organisation diverser Angebote für alle relevanten Zielgruppen, vom Kindergarten bis zu Seniorinnen und Senioren, notwendiger Bestandteil der Arbeit sein. Die Präsenz in den sozialen Netzwerken darf nicht unterschätzt werden.

Die Besucherzahlen im Waldemarturm stagnieren auf relativ niedrigem Niveau. Um das Museum zu beleben wäre ein größerer zeitlicher Einsatz notwendig um, nicht nur einmalig, sondern kontinuierlich das Museum mit neuen Ideen zu beleben. Ansätze dafür sind da. Museumspädagogische Programme sind erarbeitet, müssen aber auch durchgeführt werden. Neue Projekte (siehe das vergangene Prochaska-Projekt) erfordern einen hohen Zeitaufwand und konnten in der Vergangenheit nur durch Freistellung von anderen Aufgaben (zum Beispiel Gremiendienst) durchgeführt werden. Noch ist die Dauerausstellung in einem akzeptablen Zustand, muss aber aktualisiert werden. Besucherfreundliche und ggf. interaktive Elemente können mit der zur Verfügung stehenden Zeit nicht erarbeitet werden.

An eine Registrierung als zertifiziertes Museum des Museumsverbands Niedersachsen und Bremen, wie sie das AZH und das Alte Zollhaus angestrebt haben, und die möglicherweise in Zukunft über die Vergabe von Fördermitteln mit entscheidet, ist nicht zu denken.

Es wird daher vorgeschlagen, den momentan für diese Aufgaben bestehenden Stellenanteil von 0,5 auf mind. 0,75 zu erhöhen. Da die Stelleninhaberin momentan eine ganze Stelle besetzt, müsste sich der Stellenanteil für die Wahrnehmung der Gremiendienstarbeit entsprechend reduzieren.

Durch die oben dargelegte Verschiebung der Stellenanteile ist eine Neubewertung der Stelle erforderlich, da die einzelnen Arbeitsvorgänge (Gremiendienst, Archivangelegenheiten und Museumsangelegenheiten eine unterschiedliche Wertigkeit haben. So sind die Tätigkeiten der Museumsangelegenheiten mit den Merkmalen „gründliche, umfassende Fachkenntnisse“ und „besonders verantwortungsvolle Tätigkeit“ bewertet und damit dem ehemaligen gehobenen Dienst zugeordnet. Die Stelle mit dem neuen Zuschnitt wäre mithin nach Entgeltgruppe 9 c (momentan 8) zu bewerten.

Die finanziellen Auswirkungen der oben genannten Maßnahmen stellen sich wie folgt dar:

Finanzielle Auswirkungen bisher:

Entgelt-gruppe

Monatliches Brutto inkl. Soz.Vers. und VBL

Erstattung Samtgemeinde (50 %)

Jahressonderzahlung

Erstattung Jahressonderzahlung durch SG (50 %)

8, Stufe 5

Ca.4.018 Euro

Ca. 2.009 Euro

2.734,56 Euro

1.367,28 Euro

 

Eingruppierung neu :

Entgelt-gruppe

Monatliches Brutto inkl. Soz.Vers. und VBL

Erstattung Samtgemeinde (25 %)

Jahressonderzahlung

Erstattung Jahressonderzahlung durch SG (25 %)

9 c Stufe 3

Ca. 4.551,40 Euro

Ca. 1.137,85 Euro

2.554,82 Euro

638,70 Euro

 

Kosten pro Jahr alt (Erstattungen durch Samtgemeinde bereits abgezogen)

25.476,28 Euro

Kosten pro Jahr neu (Erstattungen durch Samtgemeinde bereits abgezogen)

42.878,78 Euro

Differenz:

17.402,50 Euro

 

 


Beschlussvorschlag:

a.) Der Stellenanteil für die Bearbeitung der Archiv- und Museumsangelegenheiten wird von 0,5 auf 0,75 erhöht.

 

b.) Die Höhergruppierung der gesamten Stelle (inkl. 25 % Stellenanteil für den Gremiendienst) von Entgeltgruppe 8 auf Entgeltgruppe 9c wird festgestellt.