Betreff
Alternative Einführung "Bettensteuer" oder Fremdenverkehrsbeitrag
Vorlage
22/387/2013
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

A. Allgemeines
Für die „Betten-/Übernachtungssteuer“ gibt es keine spezielle Ermächtigungsgrundlage. Als Grundlage kommt somit nur die allgemeine Ermächtigung zur Erhebung kommunaler Steuern in § 3 Abs. 1 Nieders. Kommunalabgabengesetz (NKAG) in Frage. Diese Norm gestattet den Gemeinden und Landkreisen ganz generell Steuern zu erheben. Als kommunale Steuern im Sinne der NKAG-Regelung kommen allerdings nur solche örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern in Betracht, die bundesgesetzlich geregelten Steuern nicht gleichartig sind (Art. 105 II a GG). Das darin enthaltene Steuerfindungsrecht hat neben der Zweitwohnungssteuer in jüngster Zeit auch die Übernachtungssteuer hervorgebracht.
Übernachtungssteuer und Fremdenverkehrsbeitrag haben verschiedene Finanzierungsansätze. Steuern sind keine aufwandorientierten Abgaben, unterliegen keiner Zweckbindung  sondern sind allgemeine Deckungsmittel für sämtliche Ausgaben des Gesamthaushaltes.
Für den Fremdenverkehrsbeitrag gibt es in § 9 NKAG eine spezielle Ermächtigungsnorm. Für seine Erhebung muss die Gemeinde/Stadt staatlich ganz oder teilweise als Kurort, Erholungsort oder Küstenbadeort anerkannt sein. Er richtet sich an alle Selbstständigen der Gemeinde/Stadt, die von den Fremdenverkehrsaktivitäten  profitieren (einen wirtschaftlichen Vorteil haben). Der Beitrag ist der Höhe nach begrenzt, weil nur die dem Fremdenverkehr dienenden Aufwendungen refinanzierbar sind.

Der Beschluss einer Übernachtungssteuer wäre sofort möglich, während vor Einführung des Fremdenverkehrsbeitrags eine auf konkretem Zahlenmaterial beruhende Kalkulation erforderlich ist, die eine Datenerhebung bei den potenziell Abgabepflichtigen voraussetzt.

 

B. Kulturabgabe, Betten-/Übernachtungssteuer
Die Zulässigkeit dieser neu eingeführten Steuerart ist durch die höchstrichterliche Rechtsprechung inzwischen bestätigt worden unter der Voraussetzung, dass beruflich bedingte Übernachtungen nicht besteuert werden dürfen. Sie stellt gegenüber dem Fremdenverkehrsbeitrag die mit weniger Erhebungsaufwand verbundene Alternative dar, da keine regelmäßigen Kalkulationen/Betriebs-abrechnungen nötig sind. Da Steuern allgemeine Deckungsmittel sind, lassen sich deren Erträge nicht einem bestimmen fiskalischen Zweck zuordnen. Der beabsichtigte Verwendungszweck einer Abgabe, also das Motiv ihrer Einführung, steht aber ihrem Charakter als Steuer nicht entgegen, sondern ist nur rechtlich nicht bindend.

Unabhängig von ihrer Benennung knüpft sie an den Aufwand an, den eine Übernachtung in einem Beherbergungsunternehmen verursacht. Nur dieser Aufwand ist steuerlich relevant, nicht das Vorhalten der Betten durch den Unternehmer oder sein Betriebsaufwand.
Als Steuermaßstab kommt in Frage a) ein Festbetrag je Übernachtung, evtl. gestaffelt nach Übernachtungspreis oder b) eine prozentual bemessene Abgabe auf den Übernachtungspreis. Ein Festbetrag je Übernachtung ohne Staffelung wird in Fachkreisen als rechtsunsicher angesehen, da er nur einen unzureichenden Bezug zum Aufwand hat und darunter die Abgabengerechtigkeit leidet. Eine Orientierung der Abgabe an den Übernachtungspreisen ist somit empfehlenswert. Im Hinblick auf die Abgabengerechtigkeit wäre eine Bemessung der Steuer anhand eines auf den Übernachtungspreis bezogenen Prozentualwertes zu bevorzugen.

Das Steueraufkommen ist abhängig von Anzahl und Preis der Übernachtungen sowie dem darauf satzungsrechtlich festgelegten Abgabe-/Steuersatz. Als Anhaltswert für die zu erzielenden Erträge kann die bereits im vergangenen Jahr  vorgenommene Prognoseberechnung dienen:

 

Aus der Übernachtungsstatistik ergibt sich ein Mittelwert von 76.189 Übernachtungen pro Jahr. Unter der Annahme eines Anteils von 50 % privater Übernachtungen, eines durchschnittlichen Übernachtungsentgeltes von 30,00 € sowie eines Steuersatzes von 5 % würde das jährliche Steueraufkommen ca. 57.000 € betragen.

Die Anzahl der steuerpflichtigen Beherbergungsbetriebe ist nicht sicher feststellbar, da Zimmeranbieter mit einer Bettenzahl von weniger als 9 nicht gewerberechtlich erfasst werden. Unter Zugrundelegung der Anbieter des örtlichen Unterkunftsverzeichnisses und der Beherbergungsbetriebe lt. Gewerbedatei dürfte eine Anzahl von 60-70 steuerpflichtigen Unterkunftsanbietern realistisch sein.

 

C. Fremdenverkehrsbeitrag
Die Höhe der Abgabe ist abhängig von der Höhe der Aufwendungen, die für die Fremdenverkehrswerbung sowie für die Herstellung, Verwaltung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen eingesetzt werden. Vorgeschrieben ist, dass die Gemeinde/Stadt stets einen gewissen Eigenanteil aus kommunalen Haushaltsmitteln zu tragen hat. Die strikte Bindung an den getätigten Aufwand (Äquivalenzprinzip) erfordert eine periodische Kalkulation der umzulegenden Kosten. Außerdem gelten hohe rechtliche Anforderungen an den Erhebungsmaßstab, da die Beitragspflichtigen jeweils vorteilsgerecht entsprechend den durch die Fremdenverkehrsaufwendungen vermittelten Vorteilen mit Beiträgen zu belasten sind. Es sind z.B. im Vorfeld umfangreiche Feststellungen bezüglich des örtlichen Unternehmensgefüges nötig, um eine gerechte Abstufung der Vorteilsbemessung zu erreichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Nieders. OVG hat die Gemeinde auf der Grundlage von Marktanalysen und/oder verfügbaren Statistiken einen vollständigen, alle Betriebsarten umfassenden, systematisch richtigen Katalog über die örtliche Vorteils- und Gewinnsituation in die Satzung aufzunehmen. Die Erhebung ist deswegen weitaus verwaltungsintensiver als z.B. bei der Bettensteuer, weil sämtliche beitragsrelevanten Faktoren jährlich zu prüfen und ggf. anzupassen sind.
Als Beitragsmaßstäbe kommen in Frage einerseits Produktfaktoren oder andererseits Umsätze. Bei den Produktfaktoren werden betriebstypische „Realgrößen“ wie Anzahl von Übernachtungen, Betten, Sitzplätzen, Stellplätzen, Fahrzeugen, Mitarbeitern, Verkaufsflächen usw. herangezogen. Dieser Maßstab wird allgemein als nur bedingt tauglich angesehen. Zwar ist die Veranlagung für Abgabepflichtige und Verwaltung relativ einfach umsetzbar, allerdings ist nur schwer ein schlüssiges Bemessungssystem zu finden, in das sich die Einheitssätze für die einzelnen Realgrößen stimmig einpassen.
Der umsatzbezogene Maßstab gewährleistet eine höhere Abgabengerechtigkeit und mehr Rechtssicherheit. Dafür müssen die Abgabepflichtigen allerdings jährlich eine sogenannte Umsatzmeldung abgeben. Ausgangsgröße der zu entrichtenden Abgabe sind die Einnahmen des Vorjahres aus denen mit Hilfe fester Durchschnittswerte (Vorteils- und Gewinnsätze) der „fremdenverkehrsbedingte Jahresgewinn“ als fiktive Größe errechnet wird. Vorteils- und Gewinnsätze sind in einer zur Satzung gehörenden „Betriebsartentabelle“ aufgeführt. Der Vorteilssatz sagt aus, welchen Bezug der Vorteil des Betriebes zur gemeindlichen Tourismusförderung hat. Für Betriebe der Kategorie „Unterkunft/Beherbergung“ wird z.B. ein Vorteilssatz von 100 % angesetzt, während Betriebe der Zulieferung oder der Bauwirtschaft nur einen Satz von 20 oder 30 % verzeichnen. Der Gewinnsatz ist eine fiktive Gewinnmarge. Aus der Multiplikation des Umsatzes mit dem vorgegebenen Vorteils- und Gewinnsatz errechnet sich ein „Messbetrag“ der den fiktiven „fremdenverkehrsbedingten Gewinn“ darstellt. Wird dieser mit dem Beitragssatz der Gemeinde/Stadt multipliziert, ergibt sich daraus der Jahresbeitrag.
Da der Beitragssatz sich nur bestimmen lässt,  indem die umlagefähigen Kosten durch die Summe der Messbeträge dividiert werden, muss letztere zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses feststehen. Dazu müssen zuvor die Umsatzdaten der beitragspflichtigen Betriebe als Kalkulationsgrundlage ermittelt werden.
Das NKAG gestattet es, die zur Beitragskalkulation nötigen Auskünfte bereits vor dem Satzungserlass von den Beitragspflichtigen einzuholen. Voraussetzung dafür ist ein Ratsbeschluss. Der Rat der Stadt Hitzacker(Elbe) hat am 23.5.2013 die Einführung des Fremdenverkehrsbeitrages nicht definitiv sondern nur als Alternative zur Bettensteuer beschlossen. Somit ist die Einholung der benötigten Auskünfte zurzeit noch nicht möglich.

Die Auswertung der Betriebe im Kurgebiet Hitzackers laut Gewerbedatei ergab das folgende vorläufige Ergebnis:

Hierin sind die gewerberechtlich nicht erfassten Unterkunftsanbieter (ca. 50 – 60) nicht berücksichtigt.
Der laut vorläufiger Kalkulation mit ca. 35.000 € ermittelte Umlagebetrag wäre auf etwa 235 Betriebe zzgl. weitere 50-60 Unterkunftsanbieter umzulegen.

 

 


Beschlussvorschlag:

Alternativ:

a)      Die beigefügte Satzung der Stadt Hitzacker(Elbe) über die Erhebung einer Kultur- und Tourismusförderabgabe wird beschlossen.

oder:

b)      Der Erlass einer Satzung über die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrages im Kurgebiet der Stadt Hitzacker(Elbe) wird beschlossen. Die Verwaltung wird beauftragt, die dafür nötigen Vorerhebungen durchzuführen und einen Satzungsentwurf einschließlich der Beitragskalkulation vorzulegen.