Sitzung: 05.10.2020 Rat der Samtgemeinde Elbtalaue
Beschluss: Geändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 26, Nein: 5
Vorlage: 1/0268/2020
Sachverhalt:
Gemäß § 46 Abs. 4
Satz 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) kann in Gemeinden
und Samtgemeinden mit mehr als 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Zahl der
für die nächste Wahlperiode zu wählenden Abgeordneten um 2, 4 oder 6 verringert
werden.
Der Gesetzgeber hat
damit einen erstmals im Jahr 2001 gesetzgeberisch aufgegriffenen Vorschlag der
Enquete-Kommission fortgeführt, die angeregt hatte, in den mittelgroßen
Gemeinden und den Landkreisen im Interesse der Arbeitsweise von Räten und Kreistagen
die Zahl der Ratsmitglieder und Kreistagsabgeordneten vorsichtig zu reduzieren.
In der Begründung zum seinerzeitigen Gesetzentwurf wurde auf die erheblichen
Anstrengungen zur Verwaltungsreform verwiesen, die auch die Reduzierung der
Personalkosten zum Ziel hatte. Die Regelung solle ermöglichen, auch den
ehrenamtlichen Teil der Verwaltung in den Reformprozess einzubeziehen.
Die Samtgemeinde
Elbtalaue hat ebenfalls einen Reformprozess durchlaufen und hat darüber hinaus
einen Zukunftsvertrag mit dem Land Niedersachsen abgeschlossen. Der Ansatz der
Enquete-Kommission ist daher für die Samtgemeinde Elbtalaue durchaus aktuell.
Das NKomVG hat den
oben genannten Schwellenwert von 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern aus der
Vorläuferregelung in § 32 Abs. 2 Satz 1 NGO übernommen. Warum dieser Wert noch
immer gilt, ist rechtspolitisch nicht ganz nachvollziehbar, weil die Regelung
nunmehr ausdrücklich auch für Samtgemeinden (dies war vorher nicht der Fall)
gilt und diese gem. § 97 NKomVG mindestens eine Einwohnerzahl von 7.000 haben
sollten.
Die Verringerung
der Abgeordnetenzahl kann nur durch eine Satzung herbeigeführt werden. Diese
gilt immer nur für eine Wahlperiode! Der Gesetzgeber hat in § 46 Abs. 4 Satz 2
formuliert, dass „die Entscheidung bis spätestens 18 Monate vor dem Ablauf der
laufenden Wahlperiode durch Satzung zu treffen ist“.
In der
Kommentarliteratur ist man sich diesbezüglich nicht einig, ob die jeweilige
Satzung bereits 18 Monate vor Ablauf der Wahlperiode in Kraft getreten sein
oder ob lediglich der Satzungsbeschluss vor diesem Datum liegen muss.
Um hier rechtlich
auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt die Verwaltung für den Fall der
Reduzierung der Abgeordneten, die Satzung bereits vor diesem Termin in Kraft
treten zu lassen.
Im aktuellen Jahr
gibt es in Bezug auf diese Frist noch eine Besonderheit. Da die meisten
Kommunen aufgrund der Corona-Krise im Frühjahr 2020 nicht in der Lage waren, in
den zuständigen Gremien entsprechende Beschlüsse zu fassen, wären
diesbezügliche Entscheidungen zum jetzigen Zeitpunkt verfristet und damit
unzulässig.
Auch die
Samtgemeinde Elbtalaue war im Frühjahr 2020, insbesondere aufgrund des Fehlens
geeigneter Räumlichkeiten zur Einhaltung der „Corona-Abstände“, bis zum
30.04.2020 nicht in der Lage, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.
Der
Landesgesetzgeber hat diese Sondersituation jedoch aufgegriffen und im Rahmen
des Gesetzes zur Änderung Niedersächsischer Rechtsvorschriften aus Anlass der
Covid-19 Pandemie vom 15.07.2020 eine Ausnahmeregelung vorgesehen.
Gem. des neuen §
182 Abs. 2 Nr. 4 NKomVG zur Sonderregelung in epidemischen Lagen darf die
Vertretung die Entscheidung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 NKomVG abweichend von § 46
Abs. 4 Satz 2 NKomVG bis spätestens 12
Monate vor Ablauf der Wahlperiode, mithin in diesem Jahr bis zum 31.10.2020 treffen.
Der Deutsche
Bundestag hat am 25. März in Deutschland eine epidemische Lage von nationaler
Tragweite feststellt. Dieser Beschluss ist bislang nicht aufgehoben worden, so
dass der Anwendungsbereich des § 182 Abs. 2 NKomVG bis heute eröffnet ist.
Aufgrund dieser
Gesetzesänderung könnte die Samtgemeinde Elbtalaue die entsprechende
Entscheidung noch in diesem Jahr treffen, während nach der alten Frist die
Möglichkeit bereits seit dem 30.04.2020 nicht mehr gegeben wäre.
Die Zahl von 20
Ratsmitgliedern darf nicht unterschritten werden. Dies soll insbesondere dem
Schutz kleinerer politischer Gruppierungen dienen. Die Samtgemeinde Elbtalaue
käme aber auch bei der höchst möglichen Reduzierung der Mandate nicht unter diesen
Wert.
Derzeit beträgt die
Zahl der Ratsfrauen und Ratsherren im Rat der Samtgemeinde Elbtalaue 34. Die
maßgebliche Einwohnerzahl gem. § 177 Abs. 1 NKomVG (Stichtag ist der 30.06. des
Vorjahres) beträgt 20.767. Danach betrüge auch in der nächsten Wahlperiode die
Zahl der Ratsfrauen und Ratsherren 34.
Um die Auswirkungen
einer Reduzierung der Ratsfrauen und Ratsherren um 2, 4, oder 6 Mandate auf die
Sitzverteilung zu verdeutlichen, wurden auf Basis des Wahlergebnisses von 2016
Vergleichsberechnungen vorbereitet. Diese können der Anlage entnommen werden.
Mit einer
geringeren Zahl von Ratsmitgliedern geht eine Reduzierung der Kosten einher.
Diese können jedoch nur grob geschätzt werden.
Folgende
Einsparungen wären möglich:
|
28 Ratsmitglieder (Reduzierung um 6) |
30 Ratsmitglieder (Reduzierung um 4) |
32 Ratsmitglieder (Reduzierung um 2) |
Aufwandsentschädigung (30 Euro pro Monat) |
2.160 |
1.440 |
720 |
Sitzungsgeld (20 Euro pro Sitzung) |
720 |
480 |
240 |
Fahrkostenerstattung (10 Euro pro Sitzung) |
360 |
240 |
120 |
Kopien |
750 |
500 |
250 |
Porto |
360 |
240 |
120 |
Summe: |
4.350 |
2.900 |
1.450 |
Bem. zur Tabelle:
ü
Es
wurden 6 Ratssitzungen pro Jahr zugrunde gelegt
ü
Bei den
Kopien und beim Porto wurden 40 Sitzungen pro Jahr zugrunde gelegt, weil die
Abgeordneten auch alle Einladungen zu den Ausschüssen erhalten.
ü
Weitere
Kosten für Verdienstausfall von Abgeordneten sowie für die Begleitung durch die
Verwaltung wurden nicht berücksichtigt, weil sie zu individuell sind bzw. der
Verwaltung nicht vorliegen.
Bei einer max.
Reduzierung der Abgeordneten um 6 könnten mithin Einsparungen von ca. 4.350
Euro jährlich generiert werden. Für die gesamte Wahlperiode wären es ca. 21.750
Euro.
Aufgrund der
momentanen finanziellen Situation der Samtgemeinde Elbtalaue wird empfohlen,
die Zahl der Ratsfrauen und Ratsherren im Rat der Samtgemeinde für die kommende
Wahlperiode (2021- 2026) um 6 auf insgesamt 28 zu verringern und die hierzu
erforderliche Satzung zu beschließen.
Beschlussvorschlag
der Verwaltung:
1.) Die Anzahl der Ratsfrauen und Ratsherren im Rat
der Samtgemeinde Elbtalaue wird in der Wahlperiode 2021 – 2026 um 6 auf
insgesamt 28 verringert.
2.) Die hierzu erforderliche Satzung der
Samtgemeinde Elbtalaue zur Verringerung der Ratsfrauen und Ratsherren im Rat
der Samtgemeinde Elbtalaue wird in der als Anlage zur Vorlage beiliegenden
Fassung erlassen.
Erster SgRat Beitz
erläutert den Sachverhalt. Der Fachausschuss AIZE hat sich intensiv mit der
Angelegenheit befasst, jedoch keine Beschlussempfehlung abgegeben.
Nach weitergehender
Beratung im Samtgemeindeausschuss hat dieser dem Verwaltungsvorschlag
widersprochen und sich aufgrund eines Antrages der SPD-Fraktion für folgende
Beschlussempfehlung ausgesprochen:
Beschlussempfehlung des
Samtgemeindeausschusses:
Die
Anzahl der Ratsfrauen und Ratsherren im Rat der Samtgemeinde Elbtalaue wird in
der
Wahlperiode 2021-2026
beibehalten.
Rh Siebolds
erwähnt, er könne sich dem Vorschlag der Verwaltung nur anschließen. Viele
Argumente, die gegen den Vorschlag vorgebracht worden sind, sind für ihn nicht
nachvollziehbar. So wird argumentiert, dass die kleinen Parteien dabei weitere
Verluste zu verzeichnen hätten, dazu käme eine erhöhte politische Arbeit auf
weniger Köpfen. Weiterhin wird befürchtet, dass die Präsenz in der Fläche
abnehmen würde und möglicherweise Frauen, die auf hinteren Listenplätzen
agieren gänzlich rausfallen.
Dieser
Argumentation kann er nicht folgen. Nach seinen Berechnungen fallen die Sitze
nicht bei den kleineren Parteien, sondern bei den größeren Parteien weg. Diese
könnten das durchaus verkraften. Ein möglicher Verlust von Frauen in der
Politik kann komprimiert werden, in dem diese auf fordere Listenplätze gesetzt
werden.
Die Politik sollte
mit gutem Beispiel vorangehen und die Einsparmöglichkeiten in den Vordergrund
stellen.
Stellv. RV Thiele übergibt die
Sitzungsleitung an stellv. RV Siemke.
Dieser übernimmt die Sitzungsleitung.
Stellv. RV Thiele
meldet sich zu Wort und wiederholt seinen Antrag, den er bereits im
Fachausschuss AIZE und im Samtgemeindeausschuss vorgebracht hat. Er schlägt als
Kompromiss vor, die Zahl der Ratsmitglieder um 2 auf 32 Ratsmitglieder zu
reduzieren.
Stellv. SgBgm Hanke
erklärt für seine Fraktion die Ablehnung des Verwaltungsvorschlages.
Aufgrund der Größe
der Samtgemeinde sei es wichtig, möglichst aus jedem Bereich politische
Mandatsträger gewinnen zu können, damit 8 Mitgliedsgemeinden und 2 Städte sich
auch vertreten fühlen.
Nicht außer Acht zu
lassen ist dabei die Ausschussarbeit. Bei weniger Ratsmitgliedern verdichtet
sich auch die Ausschussarbeit für jeden einzelnen.
Stellv. RV Siemke übergibt die
Sitzungsleitung wieder an RV Thiele.
Rh Herzog erwähnt,
dass Demokratie auch Geld kostet.
Die ehrenamtliche
Arbeit der politischen Gremien wird zu wenig anerkannt.
Er schaut auch
zurück auf die Historie. Er erwähnt die Schwierigkeiten, neue Leute und vor
allem Frauen für die Arbeit in der Kommunalpolitik zu begeistern.
Er merkt zudem die
umfangreiche Arbeit für das Ausführen eines politischen Mandats an. Auch sieht
er die Präsenz in der Fläche in Gefahr. All diese Argumente sprechen dafür, die
Anzahl der Ratsmitglieder nicht zu reduzieren. Daher spricht auch er sich für
die Beibehaltung der bisherigen Anzahl aus.
Rf Neumann erwähnt
ebenfalls die umfangreiche Arbeit, die mit der Ausführung eines Mandates
verbunden ist. Bei einer Reduzierung sieht auch sie die Verdichtung der Arbeit
für jedes einzelne Ratsmitglied. Sie spricht sich dafür aus, die Mitarbeit für
Frauen in den politischen Gremien attraktiver zu gestalten. Sie merkt zudem die
Debattenkultur an. Ihrer Meinung nach halten sich oftmals Männer in den Gremien
mit unnötigen Statements und langwierigen Diskussionen auf.
Stellv. RV Siemke
spricht sich ebenfalls dafür aus, die Anzahl der Ratsmitglieder in den Gremien
nicht zu reduzieren. Auch für ihn steht die Aufrechterhaltung der
Flächenpräsenz an vorderer Stelle. Aus kleineren Gemeinden könnten
möglicherweise Vertreter fehlen.
Ein weitaus
größeres Problem sieht er jedoch in der Gewinnung von Nachwuchs für die
politische Arbeit. Die Altersstruktur der jetzigen Gremien spiegelt bei weitem
nicht das wieder was die Samtgemeinde an Einwohnern hat. Um junge Leute bewegen
zu können, in die Politik einzusteigen, müssen die politischen Gremien seiner
Ansicht nach dringend an ihrer Diskussionskultur und an ihrer Außendarstellung
arbeiten. Er plädiert dafür, die Debatten zielgerichteter zu führen und
konzentrierter zu arbeiten. Stundenlage Sitzungen mit Zänkereien sind in der
Bevölkerung nicht gern gesehen und für junge Leute eher abschreckend.
Stellv. RV Thiele
lässt über die Beschlussempfehlung des Samtgemeindeausschusses abstimmen.
Der Rat der
Samtgemeinde Elbtalaue fasst folgenden
Beschluss:
Die
Anzahl der Ratsfrauen und Ratsherren im Rat der Samtgemeinde Elbtalaue wird in
der
Wahlperiode
2021-2026 beibehalten.