Sitzung: 29.08.2019 Rat der Gemeinde Gusborn
Beschluss: Mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 6, Nein: 3
Vorlage: 1/0381/2019
Sachverhalt:
Rh
Struck stellt seinen folgenden Antrag vor:
Aufnahme eines Klima- und Artenschutzvorbehalts in
die Hauptsatzung oder Geschäftsordnung der Gemeinde Gusborn.
Begründung: Ein Klima- und
Artenschutzvorbehalt soll in die Hauptsatzung oder Geschäftsordnung (die
Entscheidung darüber trifft die Samtgemeindeverwaltung je nach
Rechtsauffassung) der Gemeinde Gusborn aufgenommen werden. Die Folge ist,
dass der Rat der Gemeinde bei jeder Entscheidung/Abstimmung die Folgen für
Klima- und Artenschutz überprüft, abwägt und entsprechend berücksichtigt.
Werden Vorlagen von der
Samtgemeindeverwaltung oder von Ratsmitgliedern erstellt, könnten neben
finanziellen Auswirkungen auch die Auswirkungen auf Klima und Artenvielfalt
vorab beschrieben werden.
Gefahren eines Klimawandels und
Artensterbens sind unumstritten. Und es war noch nie so dringend, den
Klimawandel oder das Artensterben aufzuhalten. Jeder Bürger, jede Bürgerin und
jede Institution haben die Pflicht, ihre Handlungen auf klima- und
artenschädigende Auswirkungen zu überprüfen.
Folgende Details sind den
Ratsmitgliedern sicher bekannt, sollen aber nochmals erwähnt werden:
In den nächsten 7 oder 8 Jahren wird
sich entscheiden, ob die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann, oder
nicht. Wenn nicht, wird die Klimakatastrophe mit all ihren Folgen unumkehrbar
eintreten. Mehr als 98 % der Wissenschaftler sind sich da einig. Sie rechnen
dann kurzfristig mit 500 Millionen Klimaflüchtlingen, kein Zaun wird sie
aufhalten können. Und für uns Bürger in Gusborn ist auch folgendes zu erwarten:
Neben wiederkehrenden Extrem-Wetterereignissen werden für Deutschland als erste
dauerhafte Folgen des Klimawandels Versteppungen in Brandenburg vorausgesagt.
Es ist seit langem bekannt, dass wir in Lüchow-Dannenberg klimatisch eher zu
Brandenburg gehören, als zu Niedersachsen. Und es zeichnet sich deutlich ab,
dass der Beginn einer Versteppung bereits begonnen hat, denn auf leichten Standorten
gibt es ohne Beregnung und Dünger kaum noch biologisches Wachstum - ohne
Aufwuchs kein Humuseintrag - ohne Humus keine Wasserspeicherung im Boden - ohne
Wasser! Wissenschaftler sagen auch voraus, dass die Folgen des Artensterbens
gravierender sein werden, als die des Klimawandels (Weltartenschutz-Konferenz
Paris 2019). Konkret: Die Unbewohnbarkeit von Regionen wird mehr durch das
Artensterben bedingt, als durch den Klimawandel. Dieser UN-Report warnt vor
einer „unmittelbar bevorstehenden extremen Beschleunigung“ des weltweiten
Artensterbens. Die Experten gehen davon aus, dass dieses sehr seltene
„Massenaussterben“ derzeit bereits stattfindet. Und weil viele Arten in ihrer
Existenz voneinander abhängig sind, wird es auch hier einen Kipppunkt geben. Ab
diesem Punkt wird das Artensterben rasant zunehmen - unumkehrbar. Auch hier
haben wir 6 bis 8 Jahre Zeit.
Am 10. August 2019 legte der
Weltklimarat seinen Bericht vor. Auch darin wieder dieselben Einschätzungen
(siehe oben). Und ein besonders wichtiger Aspekt: Jedes Zehntel Grad
Erderwärmung ist nicht umkehrbar - . Jede ausgestorbene Art bleibt
ausgestorben.
Deshalb ist es die Pflicht eines jeden,
sein Handeln stets vorab zu überprüfen - das gilt natürlich auch für den
Gemeinderat Gusborn.
Rh Struck stellt es sich so vor, dass
zukünftig bei Vorlagen der Verwaltung nicht nur die finanziellen Auswirkungen,
sondern eben auch die Auswirkungen auf den Klima- und Artenschutz. Aus der
Stellungnahme der Verwaltung entnimmt er die Empfehlung, diesen Vorbehalt
ergänzend in die Hauptsatzung aufzunehmen.
Stellv. Bgm Fahren merkt an, dass der
Rat den Klima- und Artenschutz von selbst bei jeder Entscheidung vor Augen
halten sollte, dafür braucht es seiner Ansicht nach keinen Vorbehaltsbeschluss
in der Hauptsatzung. Er ergänzt, dass er einer Idee, die im Raum steht auch
nicht zustimmen kann, er möchte einen festgeschriebenen Beschlussvorschlag wie
dieser Vorbehalt ausformuliert in der Hauptsatzung stehen soll.
Bgm Ringel weist hier auf die
Stellungnahme der Verwaltung hin und dass dort keine Fachmänner zum Klima- und
Artenschutz sitzen, er befürchtet, dass dort bei einem Beschluss des Vorbehalts
für jede Vorlage fundierte Berater und Gutachter teuer eingekauft werden
müssen, um die Auswirkungen kompetent zu beziffern und dass die Gemeinde auf
den Kosten dafür sitzen bleibt.
Stellv. Bgm Burmester sieht ein
ähnliches Problem, dies könnte die Gemeinde seiner Meinung nach bei
Entscheidungen einschränken. Er hätte Bauchschmerzen damit, einen solchen
Grundsatzbeschluss in die Hauptordnung aufzunehmen.
Rh Peemöller ist der Ansicht, dass die
Gemeinde es sich nicht mehr leisten kann kein fundiertes Fachwissen
einzuholen. Klima- und Artenschutz geht alle an, auch die Gemeinde Gusborn.
Rh Gutzeit würde sogar noch einen
Schritt weitergehen und hält es für unabdingbar, dass auch die Samtgemeinde
Elbtalaue hier aufrüstet und die Bediensteten dort sich entsprechendes
Fachwissen aneignen, um kompetent Stellung zu beziehen.
Stellv. Bgm Burmester möchte ein
Fallbeispiel, wie dieser Vorbehalt in der Praxis zum Einsatz kommt, wenn
beispielsweise ein Weg gebaut werden soll oder -wie eben beschlossen- Bäume auf
Gemeindegrund gepflanzt werden sollen.
Rh Struck erläutert, dass hier einfach
die Auswirkungen für den Klima- und Artenschutz bedacht und benannt werden, die
Ratsmitglieder sollen auch weiterhin nach besten Wissen und Gewissen ihre
Entscheidungen treffen, aber eben immer mit dem Blick auf die Auswirkungen.
Stellv. Bgm Fahren betont nochmals,
dass es hierfür sicherlich keinen Vorbehalt in der Hauptsatzung benötigt,
deshalb wird er einer Änderung in dieser Form auch nicht zustimmen ohne den
genauen Wortlaut dieser Änderung zu kennen. Er hält eine Vertagung der
Angelegenheit für sinnvoll.
Rh Struck stellt den Antrag, dass die
Verwaltung der Samtgemeinde Elbtalaue beauftragt wird, eine entsprechende
Formulierung zu entwickeln, die angelehnt an die Agenda 21, die Auswirkungen
auf den Klima- und Artenschutz berücksichtigt. Über diese Formulierung zur
Ergänzung der Hauptsatzung soll dann in der nächsten Sitzung abgestimmt werden.
Der Rat der Gemeinde Gusborn fasst
folgenden
Beschluss:
Die
Verwaltung der Samtgemeinde Elbtalaue wird beauftragt, eine entsprechende
Formulierung zu entwickeln, die angelehnt an die Agenda 21, die Auswirkungen
auf den Klima- und Artenschutz berücksichtigt.
Über
diese Formulierung zur Ergänzung der Hauptsatzung soll dann in der nächsten
Sitzung abgestimmt werden. (Antrag Rh Struck)